Razzia im Kreis Ludwigsburg: die Polizei hat drei Männer festgenommen, die einen Rivalen mit Messern und Baseballschlägern attackiert haben sollen. Bei der Durchsuchung wurden weitere Waffen gefunden. Der Konflikt zwischen kurdischen und türkischen Gangs eskaliert.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) und Einsatzkräfte des Polizeipräsidiums haben am Dienstagmorgen im Kreis Ludwigsburg drei Mitglieder der Straßengang Bahoz festgenommen. Die jungen Männer sollen im Januar 2017 gewaltsam in eine Wohnung eingedrungen sein und ein Mitglied einer rivalisierenden Gang mit Messern und Baseballschlägern angegriffen haben. Das Opfer wurde bei dem Überfall leicht verletzt, erstattete anschließend Anzeige und lieferte den Ermittlern entscheidende Hinweise zur Identität der Täter – was in diesem Milieu durchaus ungewöhnlich ist. „Eine grundsätzliche Regel für Mitglieder der Gangs ist: keine Kooperation mit der Polizei“, sagt der LKA-Sprecher Ulrich Heffner.

 

Bei den Wohnungsdurchsuchungen am Dienstag wurden mehrere Hieb- und Stichwaffen sichergestellt. Die drei Festgenommenen – zwei 25 und 26 Jahre alte Türken und ein 23 Jahre alter Deutscher mit türkischem Migrationshintergrund – wurden vom Haftrichter in eine Justizvollzugsanstalt eingewiesen. Das Opfer soll der Gruppierung Osmanen Germania nahestehen, die im Gegensatz zu Bahoz nationaltürkisch geprägt ist.

Die Kurden und Türken haben sich zuletzt zahlreiche Auseinandersetzungen geliefert

Die beiden Gangs haben sich in der jüngeren Vergangenheit in der Region Stuttgart zahlreiche Auseinandersetzungen geliefert und mit Massenaufmärschen zusätzlich Aufsehen erregt – Ludwigsburg bildet dabei einen Schwerpunkt des Konflikts, bei dem bereits mehrere Personen aus dem Umfeld der Gruppen und auch Polizisten verletzt wurden. „Die Vorfälle häufen sich“, sagt Jan Holzner, der Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft.

Das LKA vermutet, dass die zwei Gangs um die Vorherrschaft in Stuttgart und im unmittelbaren Umfeld kämpfen – und dabei auch den Konflikt zwischen Türken und Kurden in der Türkei auf den Straßen in Baden-Württemberg austragen. Allerdings sei es nicht immer einfach, den Hintergrund einer konkreten Auseinandersetzung festzustellen, sagt Heffner. Nicht nur die politische Rivalität, auch persönliche Befindlichkeiten würden eine große Rolle spielen. „Da genügen Nichtigkeiten, ein falscher Blick, eine falsche Geste.“

Während etablierte Rockergruppen wie etwa die Hells Angels Auseinandersetzungen „in der Regel unter sich austragen“, sei der Konflikt zwischen Bahoz und den Osmanen Germania besonders besorgniserregend, weil „da jeder hineingezogen werden kann“. Das LKA, die Bundespolizei und die Präsidien in Ludwigsburg und Stuttgart haben eigens eine Ermittlungsgruppe eingerichtet, die sich ausschließlich diesem Konflikt widmet.

Brennende Autos, Messerattacken, Einschüchterung

Ausgangspunkt der Gewaltspirale war offenbar eine Attacke von Osmanen auf ein Mitglied aus dem Bahoz-Umfeld im April 2016. Nur einen Tag später folgte ein Vergeltungsschlag, der in einen großen Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht mündete. Im November wurde vor einer Gaststätte in Ludwigsburg ein Auto angezündet, auch diese Tat soll im Zusammenhang mit dem Bandenkrieg stehen. Im März wurde in Ludwigsburg ein Mann mit einem Messer attackiert, der als Zeuge im Prozess vor dem Landgericht ausgesagt hat. Am vergangenen Montag hat das Ludwigsburger Amtsgericht ein Bahoz-Mitglied zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil der Mann mit Komplizen einen mutmaßlichen Anhänger der Osmanen attackiert hatte.