Der Landrat sieht ein Landschaftsschutzgebiet als Problem für die geplanten Gewerbeflächen. Das Gebiet westlich der Autobahn hält er für eine gute Alternative – sehr zum Unmut von Großbottwar und Oberstenfeld.

Großbottwar - Holger Haist sieht sich zwischen den Stühlen. Keinesfalls, betont der Mundelsheimer Bürgermeister, habe er vorgehabt, die Pläne der Nachbarkommunen für ein rund 20 Hektar großes Gewerbegebiet am Holzweilerhof bei Großbottwar zu sabotieren. „Wir sind nicht die Verhinderer“, betont Haist, „wir wollen beide Varianten möglich machen.“ Doch allein die Tatsache, dass er eine Alternative anbietet, gilt als Politikum.

 

Der Holzweilerhof ist einer von fünf Standorten im Suchlauf des Verbands Region Stuttgart (VRS) nach Gewerbeflächen. Doch besagte Alternative westlich der Autobahn, auf Mundelsheimer Markung, scheint dem Holzweilerhof zusehends den Rang abzulaufen. Mundelsheim hatte erklärt, dass man fünf Hektar eigener Markungsfläche für den Holzweilerhof zur Verfügung stellen wolle. Aber auch, dass man für eine Alternative allein auf eigener Markung offen sei. Diese Variante komme aber nur ohne eine Beteiligung der Nachbarn Großbottwar und Oberstenfeld in Betracht – dafür aber mit dem Zweckverband „Ottmarsheimer Höhe“, in dem auch Besigheim, Gemmrigheim, Hessigheim, Neckarwestheim und Walheim Mitglied sind.

Schutz für die „Kleine Bottwar“

Die Region sieht im Nordwesten, entlang der A 81, ein Defizit an Gewerbeflächen, insbesondere weil der Schwerpunkt zwischen Pleidelsheim und Murr (75 Hektar waren geplant) mangels Unterstützung der Gemeinden nie Realität wurde. Der Holzweilerhof gilt als der problematischste unter den Standorten, vor allem wegen des Landschafts- und Naturschutzes. Der Naturschutzverband BUND kritisiert zudem, dass das Gebiet der Weiterentwicklung des Wildkatzen-Wegeplans im Weg sei. Die CDU in der Region hatte deshalb vorgeschlagen, die Flächen westlich der Autobahn, auf der Markung des Nachbarn Mundelsheim, als Alternative zu prüfen.

Als Chef der Unteren Natur- und Landschaftsschutzbehörden für den Landkreis Ludwigsburg verfolgt der Landrat die Debatte mit einem speziellen Blick. Am Holzweilerhof liegt das Landschaftsschutzgebiet „Kleine Bottwar und Seitentäler“, das aufgrund seiner Feuchtgebiete für Flora und Fauna als bedeutend gilt. Die Aufhebung eines so wertvollen Gebiets „kommt natürlich eher in Betracht, wenn es keine Alternativen gibt“, sagt Rainer Haas. Dank Mundelsheim gebe es aber eine Alternative. Er stelle sich die Frage, „ob ich als Landrat ein Landschaftsschutzgebiet zurücknehmen darf, nur damit Gewerbesteuer auch in die Taschen von Oberstenfeld und Großbottwar fließt“, so Haas.

„Wir brauchen einen Standort“

Dem Großbottwarer Bürgermeister Ralf Zimmermann ist die Enttäuschung am Telefon anzuhören. Die Position der beiden Bottwartalkommunen sei klar: „Wir brauchen einen Standort, um unserem örtlichen Gewerbe die Chance auf eine Weiterentwicklung zu geben.“ Mundelsheim habe sich klar positioniert, dass eine Kooperation nicht erwünscht sei, „das müssen wir einfach akzeptieren“. Er widerspricht aber der Position des Landrats, dass es ihm nur um Gewerbesteuer gehe. „Es geht um die Entwicklung, und dafür haben wir nur sehr begrenzte Möglichkeiten.“

Mit Spannung wird nun erwartet, wie der regionale Planungsausschuss sich – wohl schon in seiner Januar-Sitzung – positioniert. Der VRS-Chefplaner Thomas Kiwitt räumt ein, „dass der Holzweilerhof ein problematischer Standort ist“. Er habe auch Verständnis, dass Haas hier Kritikpunkte äußert. Allerdings hätten Oberstenfeld und Großbottwar einen großen Nachholbedarf bei Gewerbeflächen. „Wir müssen den beiden Orten ein Angebot machen“, sagt Kiwitt. Die Mundelsheimer Alternative sei zwar womöglich planerisch leichter umzusetzen, „aber sie hilft Großbottwar und Oberstenfeld nicht“. Dank der anderen vier Standorte bei Ingersheim (Gröninger Weg), Korntal-Münchingen (an der A 81 bei Müllerheim), Bietigheim-Bissingen (Richtung Tamm) und Schwieberdingen (Bosch-Gebiet) gebe es „noch etwa 30 Hektar Puffer“. Einen Zwang, unbedingt möglichst viel Gebiete auszuweisen, sieht Kiwitt deshalb nicht.

Kommentar – Region in der Zwickmühle

Kommentar - Wenn man für eine Sekunde alle politischen Aspekte außer Acht lässt, dann ist die Sache klar: Von den beiden Flächen, die zurzeit für neue Gewerbegebiete im nördlichen Kreis Ludwigsburg im Gespräch sind, hat Mundelsheim klare Vorteile gegenüber dem Holzweiler Hof. Hier gibt es weit weniger Konflikte mit dem Natur-, Landschafts- oder Artenschutz. Doch die Wirklichkeit ist leider wesentlich komplizierter.

Einerseits drängen Großbottwar und Oberstenfeld mit aller Macht auf den Holzweilerhof als Gewerbeschwerpunkt. Jahrelang hat der Verband Region Stuttgart den Kommunen enge Grenzen bei der Ausweisung von Industrieflächen gesetzt. Andererseits konterkariert der Nachbar Mundelsheim durch sein alternatives Flächenangebot die Bemühungen der Bottwartalkommunen. Durch das klare Bekenntnis zum dortigen Landschaftsschutzgebiet hat der Landrat der Debatte eine Wendung zu Gunsten Mundelsheims gegeben. Jetzt steht die Region vor einem kaum auflösbaren Dilemma: Geht man den Weg des geringeren Widerstands und stößt damit die Bottwartalkommunen vor den Kopf? Oder peitscht man den Holzweilerhof durch, notfalls auf Kosten der Natur? Eine heikle Lage, die sich die Region aber großteils selbst zuzuschreiben hat.