Mit Paukenschlägen hat das Krimijahr angefangen, und es geht gerade so weiter. „Suburra“ heißt der Thriller von Giancarlo De Cataldo und Carlo Bonini, der abgrundtief in ein durch und durch verderbtes Rom blicken lässt.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - „Da geht’s zu wie im alten Rom“, sagte man früher, wenn man absolut moralfreie Zustände beschreiben wollte. Aber früher kannte man ja auch das neue Rom nicht. Das Rom der Korruption, der Mafia, der allgemeinen Verderbtheit. Und genau in dieses verwünschte Berlusconi-Land führen uns Giancarlo De Cataldo und Carlo Bonini mit ihrem Thriller „Suburra“.

 

Die beiden Autoren wissen, wovon sie schreiben: De Cataldo ist Richter in Rom, Bonini arbeitet als Investigativjournalist. Und so entwerfen sie einen Bilderbogen, ach was, ein Schlachtgemälde, in dem sich Berufsverbrecher, Huren, Kleriker, Politiker und zwielichtige wie aufrechte Polizisten tummeln. Vor dem Hintergrund eines gigantischen, krummen Immobiliengeschäfts krachen unterschiedliche Interessen aufeinander. Kommissar Malatesta als Held des Buches hat alle Mühe, die einzelnen Stränge aufzufieseln. Wie kaum anders zu erwarten, stößt er auch auf Widerstand in den eigenen Reihen beim Versuch, eine Mordserie in Verbrecherkreisen aufzuklären.

Faschist mit Faible fürs Japanische

Einer seiner gefährlichsten Gegenspieler ist der Mafiaboss Samurai, ein in der Wolle gefärbter Faschist, der sein übles Treiben mit japanischer Ästhetik verbrämt und sich ohnehin für etwas Besseres hält. Als junger Kerl hatte Malatesta schon einmal mit dem Mann zu tun, doch anstatt damals sein Jünger zu bleiben, wechselte er rechtzeitig die Seiten und ging in den Staatsdienst.

„Suburra“ hat in seiner kompromisslosen Härte und seiner großen Anlage das Zeug zum Mafiaklassiker. Allerdings wird man – im Gegensatz zum Urvater des Genres, dem „Paten“ – schwerlich so etwas wie Sympathie für diese testosterongeschwängerte, Hummer fahrende Bande von Totschlägern entwickeln können. Dafür ist dieses Lehrstück in Asozialkunde einfach zu realistisch.

Topfen und Fisolen

Extrapunkte bekommt der von Karin Fleischanderl für den Wiener Folio-Verlag übersetzte Band für seine Austriazismen: da geht sich eine Sache aus (oder auch nicht), da werden Topfen (Quark) und Fisolen (grüne Bohnen) gegessen, Zigaretten ausgedampft, Visitkarten verteilt und Motorräder auf die Gabel gestellt. Leiwand!

Carlo Bonini/Giancarlo De Cataldo: „Suburra – Schwarzes Herz von Rom.“ Thriller. Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl. Folio Verlag, Wien 2015. 415 Seiten, 22,90 Euro. Auch als E-Book, 19,99 Euro.