Um Schülern und Lehrern der Realschule die PCB-Belastung zu ersparen, wird über drastische Schritte nachgedacht.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Am kommenden Freitag beginnen die Osterferien. Ob die Schülerinnen und Schüler sowie das Lehrerkollegium der Esslinger Zollberg-Realschule nach den Ferien am 29. April wieder in das Schulgebäude zurückkehren dürfen, ist momentan vollkommen offen – und eher unwahrscheinlich. Denn um die Gefährlichkeit der bei Messungen entdeckten Belastung durch Polychlorierte Biphenyle (PCB) ist ein Expertenstreit entstanden.

 

Zwar sieht der Gutachter der Stadt akuten Handlungsbedarf. Er ist jedoch der Auffassung, dass durch entsprechende Gegenmaßnahmen der Schulbetrieb in der Realschule in dem Esslinger Stadtteil aufrecht erhalten werden kann. So könnten unter anderem die mit PCB verseuchten Dehnfugen abgeklebt werden und mit Hilfe von sogenanntem Schocklüften alle 20 Minuten die Werte auf ein verträgliches Maß reduziert werden – zumindest so lange, bis die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sind. Diese seit längerem durchgeführten Lüftungen haben aber einen Nebeneffekt: Mittlerweile haben sich 12 der 40 Lehrerinnen und Lehrer der Zollberg-Realschule mit Erkältungserscheinungen krank gemeldet.

Gutachter sind unterschiedlicher Meinung

Die Einschätzung des städtischen Gutachters hatte die Stadtverwaltung am Montag dem Esslinger Gemeinderat mitgeteilt, sah sich aber schon Stunden später mit einer anderen Einschätzung konfrontiert: Denn der vom Staatlichen Schulamt Nürtingen eingeschaltete arbeitsmedizinische Dienst des Landes hat bereits am Montagabend die vorübergehende Schließung der Schule bis zum Abschluss der Sanierungsarbeiten ins Spiel gebracht.

Bei einem Krisentreffen mit Vertretern des Schulamts, des Gesundheitsamts des Landkreises und den Esslinger Entscheidungsträgern am Mittwoch hat es noch keine abschließende Bewertung der Gefährdungssituation gegeben. Allerdings wird die Stadt, das hat der Esslinger Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht angekündigt, alle Vorbereitungen treffen, um eventuell notwendig werdenden Maßnahmen zeitnah umsetzen zu können.

Verlängerung der Osterferien ist denkbar

Als mögliche Szenarien nannte er die Verlängerung der Osterferien für die Klassen 5 bis 9 über den 29. April hinaus, aber auch den Umzug der gesamten Schule in andere Schulgebäude in der Stadt. Infrage kommen dabei wohl der ehemalige Förderschulanbau im Bereich der Probebühne der Württembergischen Landesbühne auf dem Zollberg und die Adalbert-Stifter-Schule in der Pliensauvorstadt.

Das Aufstellen von Containern komme aus zeitlichen Gründen kaum in Frage. Allerdings werde man zunächst in den nun ins Auge gefassten Ausweichquartieren Messungen durchführen. Schließlich wolle man nicht riskieren, dass später festgestellt werde, dass man die Schüler vom Regen in die Traufe geschickt habe. Entsprechende Messungen in den Ausweichquartieren sind am Mittwoch durchgeführt worden. Die Ergebnisse sollen der Schulverwaltung in den kommenden Tagen vorliegen.

Alle betroffenen öffentlichen Gebäude werden gemessen

Bis zum Sommer will die Stadt dann alle öffentlichen Gebäude, die zwischen 1960 und 1989 – also bis zum Verbot von PCB – entstanden oder saniert worden sind, auf PCB-Belastungen untersuchen lassen, um sich ein Bild vom Ausmaß der Belastung zu verschaffen. Vorrangig werde man dabei selbstverständlich möglicherweise betroffene Schulen und Kitas messen.

In der Zollberg-Realschule selber will die Schulverwaltung in den Osterferien mindestens zwei Schulräume musterhaft sanieren. Zusätzlich sollen Entlüftungsanlagen in allen Räumen installiert werden. Die anschließenden Messungen sollen Aufschluss darüber geben, wie man des Problems langfristig Herr werden kann. Bis zum Gründonnerstag will die Stadt dann eine Entscheidung treffen, wie es in der Zollberg-Realschule weitergeht.

Der Zeitpunkt ist ungeschickt

Der Zeitpunkt ist mehr als ungeschickt: Direkt nach den Osterferien beginnen die Prüfungen der Abschlussklasse. Zudem wäre ein Umzug in die Adalbert-Stifter-Schule wegen der fünfmonatigen Sperrung der Zollbergstraße mit erheblichen logistischen Problemen verbunden. Zu allem Überfluss ist die Schulverwaltung aktuell mit dem eigenen Umzug beschäftigt.