Im Gerlinger Stadtwald macht sich die gefährliche weil giftige Pflanze breit. Die Verwaltung muss jetzt handeln. Dass sich die nicht heimische Art heimisch fühlt, ist ein Phänomen im ganzen Kreis Ludwigsburg.

Gerlingen - Er schaut hübsch aus, ist für den Menschen aber gefährlich: der giftige Riesen-Bärenklau, auch Herkulesstaude genannt. Kommt die Haut mit dem Pflanzensaft in Kontakt, können Reizungen und Entzündungen mit Blasen und Quaddeln entstehen, sobald die Sonne auf die Haut scheint. Die Beschwerden können über Wochen dauern, sogar Kreislaufprobleme und Atemnot können die Giftstoffe in der Pflanze auslösen.

 

In Gerlingen hat sich nun ein besorgter Bürger an die Stadt gewandt: Im Stadtwald im Bereich der ehemaligen Deponie hat sich der Riesen-Bärenklau offenbar besonders ausgebreitet. Deshalb hat sich der Forstausschuss am Donnerstag des Problems angenommen. Dabei einigten sich die Stadträte darauf, Herbizide einzusetzen. Die Substanzen sollen den Riesen-Bärenklau abtöten. „Es handelt sich um die Bekämpfung von einzelnen Pflanzen, nicht um einen Einsatz in der Fläche“, betont der Leiter der Kämmerei, Alexander Kern.

Pflanze wird doppelt so hoch wie ein Mensch

Die chemische Keule hat die Kommune bislang nach Möglichkeit vermieden. Allerdings wächst der Riesen-Bärenklau nicht zum ersten Mal im Stadtwald. „In der Vergangenheit haben wir ihn mehrfach mit alltäglichen Mitteln bekämpft“, sagt Kern und meint das klassische Ausrupfen und Zurückschneiden. Doch das sei zeitintensiv, umständlich und „nur begrenzt Erfolg versprechend“. Zumal die Pflanze insgesamt schwer zu bekämpfen ist, sie wächst schnell nach. In wenigen Wochen kann sie eine Höhe von bis zu drei Metern erreichen. Sie bildet viele Samen, die sich durch Wind und Wasser ausbreiten. Im Fall der Deponie könnten Samen in der abgeladenen Erde gesteckt haben.

Laut Landratsamt ist der Gerlinger Standort der derzeit größte im Kreis Ludwigsburg. Kleine Vorkommen gebe es in Bietigheim-Bissingen, im Enztal, auf dem Häckselplatz in Hohenhaslach (Sachsenheim) oder entlang der B 10 bei Zuffenhausen. „Immer wieder melden es uns Bürger, wenn sie die Pflanze entdecken“, sagt der Ökologe Rolf Gastel. Dann rückten Experten an, um die Pflanze zu beseitigen. „Es ist sinnvoll, den Riesen-Bärenklau im Anfangsstadium konsequent zu entfernen. So hat man weniger Scherereien.“ Gastel rät, die Pflanze an der Wurzel auszugraben. Wuchert und blüht sie schon, muss man die Blütendolde abschneiden und vernichten. Im extremen Fall würden nur noch Herbizide helfen.

Verbreitung im gesamten Strohgäu möglich

Mehr als die Giftigkeit besorgt Naturschützer die sogenannte Florenverfälschung durch den Riesen-Bärenklau. „Die meisten Menschen sind sensibilisiert und wissen um die Gefahr“, sagt Gastel. Jedoch verändere sich die heimische Pflanzen- und Tierwelt durch nicht heimische Arten. Diese Neophyten verdrängten die heimischen Pflanzen aufgrund ihres „aggressiven Ausbreitungsverhaltens“ – und mit ihnen die Tiere, die auf sie angewiesen sind.

Der Revierförster kennt den Riesen-Bärenklau als „schöne Zierpflanze“ etwa aus Gärten in Großbritannien – in Ditzingen, Hemmingen und Korntal-Münchingen habe er die Pflanze bislang nicht gesehen. „Es ist aber denkbar, dass sie sich von Gerlingen aus verbreitet“, meint Steffen Frank.

Auch Münchingen war einmal betroffen

Angelika Lugibihl, die Leiterin der Stabsstelle Umwelt- und Naturschutz in Korntal-Münchingen, erinnert sich indes an Riesen-Bärenklau am Räuschelbach. „Das war vor etwa zehn Jahren. Mitarbeiter des Bauhofs entfernten die Pflanze“, sagt Lugibihl. Derzeit sei ihr auf der Gemarkung kein Bärenklau bekannt. Was in den Gärten der Bürger wächst, wisse sie nicht.

Der Riesen-Bärenklau ist ursprünglich aus dem Kaukasus. Die Ausbreitung in Europa geht auf den russischen Zaren Alexander I. zurück, der ihn als Gastgeschenk nach dem Wiener Kongress 1815 mitbrachte. Ohne direkten Kontakt ist die Pflanze ungefährlich. Für die Bekämpfung im heimischen Garten sollte man Handschuhe, Schutzanzug sowie Atemschutz tragen.