Auf seinen Unterarm ließ Alexander „Sandy“ Franke seine Marke Ginstr tätowieren. Jetzt wird die nächste Stufe gezündet: Der Gin aus Stuttgart wird ins Weltall geschossen. Franke fliegt am Sonntag zum Raketenstart nach Florida. Wie kam es dazu?

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Alles fing damit an, dass zwei Kumpels vor sieben Jahren nachts durch Stuttgarter Bars zogen. Markus Escher, ein Winzersohn, und Alexander „Sandy“ Franke, ein Radiomoderator, tranken einen Gin Tonic nach dem anderen, besprachen die Welt, lachten und träumten. „Wir hatten Lust, für uns und unsere Freunde mal selbst einen Gin zu machen“, erzählt der 38-jährige Franke.

 

Was daraus geworden, ist ein modernes Märchen. Mehrfach preisgekrönt ist ihre „Hommage an die Heimat Stuttgart“, wie die Start-up-Gründer den Inhalt ihrer kompakten Apothekerflaschen mit Botanicals aus der Region nennen. Ihre Marke mit vielschichtiger Zitrusnote und alkoholischer Milde wurde 2018 gar zum weltbesten Gin für Gin Tonic gekürt.

Wilde Partys an Bord sind nicht vorgesehen

Das Märchen geht weiter. Als erster Gin der Welt darf die Spirituose aus der kleinen Stuttgarter Brennerei nun ins All. Gut, nur sieben Milliliter sind es, also etwa 140 Tropfen, für die es von der Nasa grünes Licht für die Internationalen Raumstation ISS gegeben hat. Die Astronauten werden nichts davon trinken dürfen. Wilde Partys an Bord sind nicht vorgesehen.

Vielmehr soll bei einem Experiment erforscht werden, ob Gin dabei hilft, dass Technologen nicht so anfällig sind für Verschleiß. Um es einfach auszudrücken: Ob es dann besser flutscht und Astronauten nicht so oft die Geräte reparieren müssen. „Um künftige Missionen zum Beispiel zum Mars zu realisieren, müssen Raumfahrzeuge möglichst wartungsfrei funktionieren“, sagt der Projektleiter Manfred Ehresmann von der Universität Stuttgart.

Die Ginstr-Leute fliegen zum Raketenstart nach Florida

Franke und sein Mitarbeiter Simon Groß fliegen dazu am Sonntag nach Florida. „Wir mieten uns einen Ford Mustang oder irgendein cooles Amiauto“, sagt der Radiomoderator und Ginstr-Gründer, „fahren erst mal nach Miami, um Ginstr in die Bars zu bringen.“ Da ist gerade Spring Break. Da geht’s ab bei den jungen Leuten, sie wollen feiern, lassen sich von ihren Hormonen antreiben und trinken gern was über den Durst. Wie werden sie auf Ginstr made in Stuttgart reagieren?

Am Mittwoch startet dann eine Trägerrakete von Cape Canaveral aus zur ISS. Die Ginstr-Macher werden dabei sein, aber auch 15 Studierende vom Institut der Raumfahrtsysteme an der Universität Stuttgart, von denen die Idee zu dem Weltall-Versuch unter dem Titel „Fargo“ stammt. „Sandy“ Franke erklärt den Gedanken so: „Um klare Sicht   auf die Experimente zu haben, hat man nach einer klaren Flüssigkeit gesucht, die einen Alkoholgehalt zwischen 40 und 45 Prozent hat. Reiner Alkohol kam dafür nicht Frage. Ginstr erfüllt mit 44 Prozent genau diese Anforderung.“ Die Stuttgarter Gruppe hat beim „Überflieger-Wettbewerb“ der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt gewonnen.

Der Ginstr ist hinter zahlreichen Versiegelungen in einer Box (sie ist zehn auf zehn auf 20 Zentimeter groß) sicher eingeschlossen. Selbst Dämpfe aus Alkohol sind auf der ISS streng verboten. Die Nasa bezahlt den Ginmachern aus Stuttgart für die Lieferung von 140 Tropfen keinen Cent. „Aber wir müssen auch selbst nichts dafür bezahlen, dass man unsere Marke ins All mitnimmt“, sagt Franke. Solche Ausflüge können sonst teuer werden. Wie PR funktioniert, ist den Ginstr-Leute nicht neu. Gleich nach dem Raketenstart bringen sie eine Space-Edition heraus, aufs Etikett werden Sandkörner vom Cape Canaveral geklebt. „Fünf Euro der verkauften Flasche gehen an die Studierenden aus Stuttgart, denen wir verdanken, dass wir ausgewählt wurden“, erklärt der 38-Jährige.

Am Campus Vaihingen des Raumfahrtzentrums wird am Mittwoch, 11 Uhr, der Raketenstart per Livestream übertragen. Mitfliegen in den All dürfen auch die Schriften von 1000 Namen, die bei der Aktion „Fly your name“ eingereicht wurden. Mit dabei, also nicht als Person, aber mit ihren Namen sind Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Ministerin Petra Olschowski.