Mit „The Länd“ könnte eine urdeutsche Tradition auferstehen, vermutet unser Autor Andreas Pflüger. Für ihn ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Esslinger Mittelaltermarkt Middelätsch-Market heißt. Eine nicht ganz ernst gemeinte Analyse.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Esslingen - Als Internet- und E-Mail-Adressen immer alltäglicher wurden, drohte den Umlauten offenkundig der Garaus. Die Üs, die Äs und die Ös wurden wegen der technisch-programmatischen Unfertigkeit von IT-Spezialisten aus Namen und Orten einfach getilgt. Man musste sich an Baerbel, Gruene und Oesterreich schlicht und einfach gewöhnen, da Pünktchen-Buchstaben international fast so selten sind wie Schneefall in der Sahel-Zone. Also: weg damit!

 

Für eine italienische Gaststudentin, die vor vielen Jahren in Tübingen einem Medizinstudium nachgegangen ist und heute vermutlich als Chefärztin an einer Klinik im fernen Rom arbeitet, wäre mit dem Ende der Umlaute tatsächlich eine Welt zusammengebrochen. Sie fand die Pünktchen auf den Buchstaben nicht nur ausgesprochen lustig. Für die junge Frau waren sie so etwas wie der Inbegriff des Deutschen. Sie sprach, wenn sie zum Buchstabieren gezwungen war, auch nie von Ä, Ö und Ü, sondern vom deutschen A, vom deutschen O und vom deutschen U.

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Dass jetzt ausgerechnet Baden-Württemberg mit seiner neuen Imagekampagne dem Umlaut an sich zu einer Renaissance verhilft, kommt indes wenig überraschend – und dass dafür zunächst einmal das Ä ausgewählt wurde ebenso wenig. „The Länd“ ist nicht mehr als logisch – und obendrein eine konsequente Fortsetzung der Alles-außer-Hochdeutsch-Propaganda. Gsälz, Käpsele oder Bräschdleng, hälenga, zsämedätscha oder bäbbig – was wären diese urschwaebischen Wörter ohne Umlaut? – Und es gibt sicher gute Gründe, weshalb Christoph Sonntag als Vorzeige-Schwabe unter den Kabarettisten gerade jetzt wieder mit seinem Programm „Wörldwaid“ auf Tour ist.

Ob „The Länd“, wie es sich die auftraggebenden, politisch Verantwortlichen erhoffen, tatsächlich den malayischen Computerexperten ins Ländle locken und ob australische Weltreisende in Zukunft lieber in Stuttgart oder Karlsruhe als in Berlin oder Hamburg Station machen: mal sehen. Und ob die 21 Millionen Euro, die das neue PR-Gedöns kosten wird, vielleicht doch a Hennadäbberle zuviel sind: geschenkt. Denn Ideen und Identität müssen uns etwas wert sein.

Zumal es dem Vernehmen nach – gerade im PR-Sprech affinen Esslingen – bereits Bestrebungen geben soll, das schwänglische „The Länd“ zu adaptieren. Aus dem Mittelaltermarkt könnte ein Middelätsch-Market, das neue Estival gleich zum Ästival, der Esslinger Herbst zum Ässlinger Härbschd und das Bürgerfest zum Bürgerfäschd werden. Des wär doch ällamol äbbes.