Kurt-Werner Wichmann ist als mutmaßlicher Göhrde-Mörder in die Annalen der deutschen Kriminalgeschichte eingegangen. Der 1993 gestorbene Friedhofsgärtner soll für fünf Morde verantwortlich sein, die im Sommer 1989 begangen wurden. Kommt er auch als Täter in dutzenden anderen Mordfällen in Frage? Die Polizei hat die Ermittlungen neu aufgerollt.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Lüneburg - Im Fall des mutmaßlichen Serienmörders von Göhrde prüft die Polizei mögliche Verbindungen zu 236 Taten. Dazu gehören Tötungsdelikte und Vergewaltigungen, wie die Polizeidirektion Lüneburg am Dienstag mitteilte. Dabei würden alle denkbaren Zusammenhänge untersucht, wenn es Parallelen gibt.

 

So dürfte es auch um viele Fälle gehen, die vermutlich nicht mit dem ehemaligen Friedhofsgärtner Kurt-Werner Wichmann in Verbindung stehen. Der spektakuläre Fall war am 28. Februar 2018 auch Thema in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“.

Göhrde-Mörder Kurt-Werner Wichmann

Der 1949 in Adendorf im niedersächsischen Landkreis Lüneburg geborene Kurt-Werner Wichmann gilt als mutmaßlicher Verantwortlicher für zwei Doppelmorde in der Göhrde von 1989, die bundesweit für Schlagzeilen sorgten, sowie den Mord an einer weiteren Frau.

In dem niedersächsischen Staatsforst östlich der Stadt Lüneburg wurden damals zwei Paare ermordet. Sie wurden erschossen, erschlagen und stranguliert. Göhrde ist eine 600-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Lüchow-Dannenberg in Niedersachsen.

„Mordender Friedhofsgärtner“

Im April 2018 hatten Fahnder das ehemalige Wohnhaus und den Garten von Wichmann am Stadtrand von Lüneburg erneut durchsucht. Dabei stellten sie zahlreiche Gegenstände sicher – darunter Bekleidungsgegenstände, Handtaschen, Fahrzeugteile, Schmuck, Schlüssel, diverse Schuhe und Damenstiefel, Waffen sowie Werkzeuge.

Zuvor war bereits im September 2017 unter einer Garage auf einem früheren Grundstück Wichmanns die Leiche einer seit 1989 verschwundenen Frau gefunden worden. Es handelte sich um die sterblichen Überreste von Birgit Meier.

Wichmann nahm sich 1993 in der U-Haft das Leben

„Wichmann’s Affinität war das Eingraben“, heißt es in der aktuellen Meldung der Ermittlungsgruppe Göhrde der Polizeidirektion Lüneburg. „Er wird deshalb in der Öffentlichkeit als der ‘mordende Friedhofsgärtner‘ bezeichnet.“ Weiter heißt es:

„Die Ermittlungsgruppe Göhrde der Polizeidirektion Lüneburg befasst sich mit zwei Doppelmorden in dem Waldgebiet Göhrde (Landkreis Lüchow-Dannenberg) sowie einem weiteren Mord aus dem Jahr 1989. Vier Leichen wurden kurz auf einander folgend im Staatsforst Göhrde aufgefunden. Ein weiterer Leichnam wurde 2017, einbetoniert im ehemaligen Wohnhaus eines Tatverdächtigen, geborgen. Als dringend tatverdächtig gilt der Kurt-Werner Wichmann, der sich 1993 in Haft suizidierte.“

Polizei stellt 62 Beweisstücke ins Internet

Die Polizeidirektion Lüneburg hat am Dienstag insgesamt 62 Asservate aus Wichmanns früherem Haus ins Internet gestellt. Die Gegenstände waren bei den aufwendigen Suchmaßnahmen im April 2018 gesichert worden, 217 von ihnen wurden an das Landeskriminalamt in Hannover geschickt.

Erste Gutachten würden bereits vorliegen, sagte der Leiter der Lüneburger Ermittlungsgruppe, Jürgen Schubbert. „Bisher hat sich aus diesen Rückmeldungen kein entscheidender Hinweis ergeben“, so Schubbert. Die Gegenstände würden noch ausgewertet. Wer etwas im Netz wiedererkennt, möge sich melden.

Möglicher Komplize Wichmanns schweigt

Nach einem Verkehrsunfall in Heilbronn im Jahr 1993 fand die Polizei im Kofferraum von Wichmanns Auto Teile einer Maschinenpistole und Munition. Der 44-jährige Friedhofsgärtner kam in Untersuchungshaft. In der U-Haft-Zelle erhängte er sich am 25. April 1993 mit einem Anstaltsgürtel.

Gegen Tote wird nicht ermittelt, doch zumindest in einigen Fällen soll er von einem als Beschuldigten geführten möglichen Komplizen unterstützt worden sein. Der Mann schweigt und will bislang nicht mit der Polizei sprechen.