Zu nass oder zu heiß: Das Wetter zeigte sich beim Sommerfest des Stauferlands nicht von seiner besten Seite. Wer am Sonntag trotzdem auf den Schlossplatz fand, kam auf dem Mittelaltermarkt voll auf seine Kosten.

Göppingen - Wer will die Agnes spielen? Schweigen. In die Rolle eines Herzogs oder Jägers aber schlüpften die Mädchen gerne, die gerade noch auf dem Göppinger Schlossplatz den Geschichten aus dem Mittelalter lauschten, die ihnen Barbara Reik erzählte. Schließlich überredete die Autorin, die durch das Buch „Barbarossa und die Wäscherin“ bekannt wurde, dann doch noch eines der Mädchen, die historisch verbürgte Herzogin von Schwaben zu mimen, die im Remstal auf der Jagd ihren Ring verlor. Nicht nur in Göppingen lebte das Mittelalter an diesem Tag auf. Gemeinsam mit Schwäbisch Gmünd, Lorch, Lauterstein und Wäschenbeuren lud die Stadt am Sonntag unter dem Dach der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg zu einem ganz besonderen Sommerfest. Der Titel: „Stauferland – Entdecke das Erbe der Staufer“.

 

Befreiung des Einhorns zu Göppingen

Auch gegen eine zu große Stille muss man anschreien. Diese Erfahrung machte Oswald Buss vom Theater Phantera. Mit beredter Zunge versuchte er, die wenigen Zuschauer, die sich nach einem kräftigen Regenguss am frühen Nachmittag auf dem Schlossplatz eingefunden hatten, dazu zu animieren, die mutigen Ritterinnen anzufeuern. Schließlich mussten diese ein großes Abenteuer bestehen und das „Einhorn zu Göppingen“ befreien. Zuvor war es ihm ergangen, wie der Geschichtenerzählerin Barbara Reik: Keines der Mädchen wollte Königin sein. Was nur zu verständlich ist. Denn nur auf einem Thron zu sitzen, ist ziemlich langweilig. Da ist es doch etwas ganz anderes, als Ritterin auf einem edlen Ross Abenteuer zu bestehen. Vor dem Ritterturnier bekamen die Mädchen eine Art ovale Schwimmringe mit Pferdeköpfen umgeschnallt. Launig kommentierte Oswald Buss die „Amazonenschlacht“. Klar, dass das Einhorn frei kam. Umhüllt von wehenden weißen Tüchern galoppierte es am Schluss der „Aventure“ anmutig über den Schlossplatz.

Lange Luft holen konnten die Kinder nach diesem Abenteuer nicht. Denn wenige Meter entfernt lockte ein Holzkarussell. Bedient wurde es von dem Karussellmann Reinhard, der trotzt seiner 70 Lenzen ganz schön zu kurbeln hatte. Denn dieses Karussell, eine Nachbildung eines historischen Originals aus dem 14. Jahrhundert, muss per Muskelkraft angetrieben werden. „Wisst ihr, was ihr da von mir verlangt?“ fragte er seine kleinen Fahrgäste und sparte am Ende der Fahrt nicht mit Lob. „Die Kinder waren absolut spitze, kein einziges hat sich übergeben“, sagte er mit einem Augenzwinkern.

Nicht nur die Kinder kamen auf ihre Kosten. Eltern und Großeltern erfreuten sich am Spaß, den die Mädchen und Jungen hatten. Außerdem gab es orientalische Bauchtänze und mittelalterliche Musik. Zu erstehen waren Seifen aus einer Uhinger Seifenmanufaktur und alle möglichen kulinarischen Leckereien. Elke Weselek erfüllte sich einen Wunsch und schaute bei der „Haselfrau“ vorbei, die ihr die Karten legte. Währenddessen verfolgte ihre Enkelin gebannt das Ritterturnier. Zum Mitmachen sei sie zu schüchtern gewesen, erläuterte der Opa Rolf Weselek.

Buchdruckerey und Schafferey

„Es ist total nett hier“, lobte Julia Uebele, die mit ihrem Mann Matthias und den Töchtern Roxy und Luca über den Platz bummelte. Dass dieses Fest nun in Göppingen und nicht mehr wie in den Jahren 2011 und 2012 auf dem Hohenstaufen stattfindet, gefällt ihr. „Da kommen mehr Leute.“ Sagte es und schaute sich lachend um. „Na ja, sollte man meinen. Aber das kann ja noch werden.“

So war es dann auch. Nach 14 Uhr füllte sich der Schlossplatz. Jung und alt scharten sich um die Attraktionen. Fasziniert waren die Jungs von den Leitwölfen, die vorführten, wie man mit Schwertern umgeht. Auch die Greifvögel der Falknerei Bielriet zogen das Publikum an. Viel Wissenswertes gab es in der „Buchdruckerey“ zu erfahren, etwa dass heute pro Minute 700 Bibeln gedruckt werden. Und in der „Schafferey für Kinder“ wurde gezeigt, wie Körbe geflochten werden. Einer der Höhepunkte war ein Pferdewagen, beladen mit Steinen von der Burgruine in Hohenstaufen – zur Erinnerung daran, dass das Göppinger Schloss einst aus diesen Steinen errichtet wurde.