Ein Pilotprojekt ist in der Kläranlage Göppingen eröffnet worden: Hier wird aus Klärschlamm Phosphor gewonnen – das hat Vorbildcharakter.

Göppingen - Am Ende zählt, wie fast immer, was hinten rauskommt. Die Göppinger Kläranlage des Städtischen Eigenbetriebs Stadtentwässerung (SEG) hat am Donnerstag eine Anlage zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm in Betrieb genommen. Es ist die erste Anlage dieser Art in Baden-Württemberg. „Unser Wasser ist ein schützenswertes Element“, hob Göppingens Oberbürgermeister Guido Till (CDU) in seiner Rede hervor. Ferner ging der Schultes auf die bereits 78-jährige Geschichte des Klärwerks ein und resümierte schließlich: „In Göppingen können Sie beruhigt auf die Toilette gehen. Es wird alles entsorgt.“

 

Die Universität Stuttgart hat das Verfahren entwickelt

In der Stauferstadt steht nun die erste von drei Versuchsanlagen für die Phosphorrückgewinnung im Land. Im kommenden Jahr sollen in Steinen bei Lörrach und Ende 2020 in Mannheim zwei weitere Anlagen dieses Typs eröffnet werden. Erste Erfahrungen wurden bereits seit 2011 in Offenburg gesammelt, mit Hilfe der Stuttgarter Universität. Das dortige Verfahren trägt deshalb bereits den Namen „Stuttgarter Verfahren“. Die Methode in Göppingen ist am Donnerstag als „Göppinger Verfahren“ vorgestellt worden. Den genauen Aufbau der Anlage erläuterte Werner Maier von der Firma Ingenieurberatung Abwassertechnik aus Stuttgart. „Wir wollen das Phosphor wieder haben, aber das ist nicht einfach“, leitete er seinen Vortrag ein. Er erklärte, wie sich der im Klärschlamm gebundene Phosphor in zwei Schritten durch einen thermo-chemischen Aufschluss vor der Faulung und eine Säurebehandlung zurücklöst. Welche Parameter in der Praxis genau eingestellt werden müssten, das werde sich jedoch erst in den kommenden Wochen und Monaten herausstellen.

Anlage mit Pilotcharakter

Der SEG-Geschäftsleiter Jochen Gugel verlieh seiner Freude über das bereits Erreichte Ausdruck. „Wir haben es geschafft, die Anlage ist betriebsbereit“, sagte er. Diese erste stationäre Vollstromanlage in Baden-Württemberg sei nun in den Prozess der Schlammbehandlung eingebunden, sagte der Geschäftsleiter.

Auf die Bedeutung des Phosphors als „Grundlage jeden Lebens“ sowie als Dünger ging der Ministerialdirektor Helmfried Meinel vom baden-württembergischen Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft ein. „Phosphor lässt sich nicht künstlich herstellen und es gibt auch keine Alternative dazu“, sagte er. Die Erkenntnisse aus der Göppinger Anlage seien daher für das ganze Land von großer Bedeutung, so Meinel. Durch den Abbau von Phosphor in Ländern wie Marokko, China oder den USA werde die Umwelt dort belastet. „Dabei kann einem nicht so richtig wohl sein“, sagte Meinel. Dabei gebe es an Klärschlamm keinen Mangel.

Diese Art der Rückgewinnung soll von 2029 an zur Pflicht werden

Alleine Umweltschutzgründe haben den Gesetzgeber aber nicht dazu veranlasst, von 2029 an grundsätzlich eine Phosphorrückgewinnung in Kläranlagen vorzuschreiben. Es geht nämlich darüber hinaus auch darum, unabhängiger von den Importen zu werden. Phosphor ist einer der weltweitwichtigsten Rohstoffe überhaupt. In Europa selbst gibt es keine Phosphorvorkommen. Hinzu kommt, dass die abgebauten Vorkommen irgendwann ausgehen werden, auch wenn es bis dahin noch viele Jahrzehnte dauern dürfte.

Finanziert wird die 2,9 Millionen Euro teure Anlage mit Fördermitteln der EU und dem Land. Die SEG erhält 1 385 650 Euro aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und 831 390 Euro vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft.