Die Lokale-Agenda-Gruppen beklagen, dass sie in der Stadt zu wenig Gehör finden. Sie fordern mehr Rückhalt im Gemeinderat und eine Neuausrichtung.

Göppingen - In der Theorie finden Kommunalpolitiker und Stadtverwaltungen die Beteiligung von Bürgern stets enorm wichtig. Doch in der Praxis ist das oft nicht so einfach, wie sich zurzeit in Göppingen zeigt. Dort drohen die Mitglieder der vier Arbeitsgruppen der Lokalen Agenda jetzt, ihr Engagement zu beenden, wenn sich die Zusammenarbeit nicht bald verbessert. Vieles scheint allerdings eine Frage der Kommunikations- und Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten zu sein.

 

Die Ehrenamtlichen führen in einem gemeinsamen Papier Beispiele an, die zu ihrem Verdruss geführt haben: So seien Veranstaltungstermine der Gruppen häufig nicht im Mitteilungsblatt Geppo veröffentlicht worden. Der Pressesprecher der Stadt weigere sich, ein Merkblatt zum Thema Energiesparen des Arbeitskreises Klima und Energie regelmäßig abzudrucken. Außerdem würden Anfragen an die Verwaltungsspitze und zum Teil auch an die Fraktionen häufig ignoriert, klagen die Bürger.

Pressesprecher wehrt sich

Der Pressesprecher, Olaf Hinrichsen, wehrt sich gegen die Kritik. Ihm sei kein Fall bekannt, in dem Termine der Gruppen nicht abgedruckt worden seien, die den Vorgaben für eine Veröffentlichung genügten, sagt er. Das Merkblatt sei ausnahmsweise einmal abgedruckt worden, doch eigentlich verstießen solchen Veröffentlichungen gegen die Redaktionsstatuten des Amtsblattes, an die er sich halten müsse.

Langwierige Entscheidungswege, wechselnde Zuständigkeiten aber auch fehlende Absprachen innerhalb der Verwaltung führten dazu, dass viele der Bürger resigniert hätten, heißt es in dem Papier weiter. Hinzu kommt, dass die Leiterin des Bürgerhauses, die eigentlich die Hälfte ihrer Zeit der Lokalen Agenda widmen sollte, inzwischen so viel anderes zu tun hat, dass für die Gruppen oft keine Zeit mehr bleibt.

Hin und Her um Stele am neuen Bahnhofsplatz

Ein aktuelles Beispiel, über das sich einige Agenda-Mitglieder ärgern, ist das seit Monaten andauernde Hin und Her um eine Stele am Bahnhofsplatz zur Erinnerung an den Erbauer der Filstalbahnstrecke, Carl von Etzel. Die Stele war ein Herzensanliegen der Arbeitsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr, erst recht, seit der Ideengeber aus der Gruppe, Peter Blum, unerwartet gestorben ist. Wie Friedemann Messer vom Arbeitskreis berichtet, habe es mehrere Gespräche mit dem Stadtplanungsamt und dem Tiefbauamt gegeben, am Ende sei der Gruppe signalisiert worden, sie könne sich an die Planung der Stele machen.

Doch nachdem die Gruppe mehrere Gespräche mit der Firma Strassacker über die Gestaltung geführt habe, habe der Baubürgermeister Helmut Renftle plötzlich erklärt, die Stadt werde stattdessen eine völlig anders gestaltete Etzel-Stele aufstellen.

Eine Petitesse, könnte man meinen, schließlich wird der Wunsch der Ehrenamtlichen nach einer Würdigung von Etzels Werk ja erfüllt. „Aber viele sind sauer. Denn wir haben uns völlig umsonst über Monate hinweg viel Arbeit gemacht“, sagt Messer. Renftle hingegen weist daraufhin, dass es durchaus auch Ehrenamtliche gebe, die mit der Entscheidung zufrieden seien. Der Stadt gehe es darum, die Stele in die Route der Industriekultur einzubinden, die im Filstal auf viele bedeutende Wegbereiter der Industrialisierung verweise. Die Stadt sei durchaus bereit, die Ideen der Lokalen Agenda aufzugreifen, aber sie könne eben nicht alles „eins zu eins“ umsetzen.

Cobet strebt bessere Kommunikation an

Die Erste Bürgermeisterin Almut Cobet, die für das Thema Bürgerbeteiligung zuständig ist, hat im Gespräch mit unserer Zeitung angekündigt, dass sie sich noch in diesem Monat mit den Ehrenamtlichen treffen wird. Sie könne den Frust der Bürger zumindest zum Teil nachvollziehen. Im Oktober trete eine Mitarbeiterin ihren Dienst bei der Stadt an, die sich in erster Linie um die Lokale Agenda kümmern solle. Cobet hofft, dass sich dann vieles zum Besseren wendet. Sie halte es für das wichtigste, die Kommunikation zu verbessern.

Die Agenda-Gruppen fordern derweil ein klares Bekenntnis vom Gemeinderat zur Bürgerbeteiligung. Außerdem wollen sie noch in diesem Jahr eine Debatte über eine Neuausrichtung der Lokalen Agenda nach dem aktuellen Aktionsprogramm der Vereinten Nationen namens Agenda 2030 anstoßen. Einen Grund, das 20-jährige Bestehen der Lokalen Agenda in Göppingen im kommenden Jahr zu feiern, sehen die Ehrenamtlichen derzeit nach eigenen Angaben nicht.