Der Elektronikhändler springt als Mieter ab und begründet das mit den vielen Verzögerungen beim Bau des Einkaufszentrums zwischen Bleich- und Mörikestraße.

Göppingen - Ausgerechnet Media Markt, der stets als einer der wichtigsten Ankermieter für das geplante Einkaufszentrum Agnes galt, ist abgesprungen. Dabei war für die Stadträte und Bürger schon ausgemacht, dass Göppingen dringend einen Unterhaltungselektronikmarkt in der neuen Shopping-Mall braucht, als noch nicht einmal klar war, an welchem Standort – Bleichstraße oder Bahnhof – und von wem sie letztlich gebaut würde. Erst jüngst hat ein Einzelhandelsgutachten wieder einmal bestätigt, dass in der Innenstadt zum Ärger vieler Bürger ein Elektronikmarkt fehlt.

 

Media Markt hat von einem Sonderkündigungsrecht wegen Bauverzögerungen Gebrauch gemacht und seinen Mietvertrag gekündigt. Eine Hiobsbotschaft für das Projekt und seine Investoren, die seit 10 Jahren kaum vorankommen. Oder? „Wir als Investoren sind darüber nicht unglücklich“, lassen die Investoren um die Augsburger Unternehmerfamilie Schenavsky schriftlich zum Rückzug von Media Markt verlauten. Denn ein Elektronikhändler sei zwar lange Zeit von allen Seiten, auch den Investoren, gewünscht gewesen. Doch inzwischen hätten sich die Zeiten geändert, das Geschäft mit dem stationären Handel von Unterhaltungselektronik auf großer Fläche sei wegen des Online-Handels in ganz Deutschland ins Stocken geraten.

Investoren bleiben betont gelassen

Der Media Markt im Agnes hätte inzwischen gar nicht mehr in das Konzept des Einkaufszentrums gepasst, schreiben die Investoren. Man sei froh, dass man im Agnes gar nicht erst mit einem solchen „Problemmieter“ starte. „Aber natürlich sind wir bereits in Gesprächen mit potenziellen Mietern mit kleineren, moderneren Formaten, um den tatsächlichen Bedarf nach einem zeitgemäßen Unterhaltungselektroniksortiment mit Showroom-Qualität zu decken. Dazu gehören Apple-Reseller und individuellere Elektronik-Händler, die das Angebot von Mobilfunkanbietern sinnvoll ergänzen“, erläutern die Investoren weiter.

Alles also halb so wild? Während die Investoren betont gelassen bleiben, fühlen sich viele Stadträte in ihrer Skepsis gegenüber dem Projekt Agnes bestärkt. Denn immer wieder wird in der Stadt gemunkelt, dass es die Investoren auch deshalb nicht so eilig mit dem Rohbau hätten, weil es Probleme gebe, alle Flächen in dem Einkaufszentrum zu vermieten. Felix Schenavsky hat hingegen erst Mitte des vergangenen Monats im Gespräch mit unserer Zeitung betont, die meisten der Gastronomie- und Handelsflächen im Agnes seien vermietet. Dass ausgerechnet Media Markt bereits Ende des vergangenen Jahres einen Rückzieher gemacht hatte, verschwieg der Investor. Auch die Stadtverwaltung wurde jüngst von dieser Nachricht überrascht.

Interessengemeinschaft Bleichstraße bangt um den gesamten Standort

Auch die Mitglieder der Interessengemeinschaft Bleichstraße, Einzelhändler sowie Mitarbeiter des Kaufhof und des C&A hat die Nachricht offenbar aufgeschreckt. Sie fordern in einem offenen Brief von der Stadt und den Stadträten, sich für das geplante Einkaufszentrum einzusetzen. Aus ihrer Sicht wird das Agnes gebraucht, um die Bleichstraße aufzuwerten und die dortigen Einzelhändler abzusichern. Bisher sei der Standort von der Stadt vernachlässigt worden, kritisieren sie. Der Vorstoß des Oberbürgermeisters Guido Till und des Baubürgermeisters Helmut Renftle, die dem Investor Simon Schenavsky vor einigen Wochen angeboten hatten, die Stadt könne das Projekt übernehmen, ist in der Bleichstraße offensichtlich nicht gut angekommen. Till und Renftle bezweifeln, dass das Konzept eines in sich geschlossenen Einkaufszentrums heute noch zeitgemäß ist. Sie wünschen sich stattdessen mehr Wohnungsbau und weniger Ladenflächen.

Viele Stadträte sehen das ähnlich. Doch Versuche, das Thema auf den Tisch zu bringen und in großer Runde zu debattieren, scheiterten. Zuletzt wollten etwa die Freien Wähler Göppingen ein Bürgerforum zu dem Thema veranstalten. Ohnehin kann die Stadt nur Vorschläge machen. denn die Baupläne für das Agnes sind längst genehmigt. Wenn die Investoren nichts an ihren Plänen ändern wollen, kann die Stadt sie nicht dazu zwingen.

Mehr Wohnraum und mehr Freizeitangebote geplant

Immerhin signalisieren die Investoren Gesprächsbereitschaft. So hatte Simon Schenavsky nach Tills und Renftles Vorstoß angekündigt, man könne im zweiten Bauabschnitt statt eines ursprünglich geplanten Hotels bis zu 60 Wohnungen bauen. Der erste Abschnitt solle aber wie geplant umgesetzt werden, hieß es bisher. Nun scheint sich womöglich auch in dieser Frage etwas zu tun. Zumindest schreiben die Investoren, man wolle gemeinsam mit der Stadt darüber nachdenken, wie man trotz der fortgeschrittenen Planungen mehr Wohnraum realisieren könne.

Außerdem heißt es in ihrer Mitteilung: „Das Agnes selbst soll neben den klassischen Handelsnutzungen mehr Gastronomie-, Service- und Freizeitnutzungen bieten.“ Was das konkret bedeutet, lassen die Investoren bisher allerdings offen.