Die Verwaltung will bei der Gestaltung des Quartiers neben dem Stadtzentrum nichts dem Zufall überlassen – zumal der international tätige Software-Hersteller Team Viewer auf das Gelände ziehen soll.

Göppingen - Kehrtwende in Sachen Müller-Areal: Eigentlich hatte die Stadtverwaltung geplant, den Kauf und die Neuentwicklung des Geländes einem Investor zu überlassen, der dort unter anderem ein Hotel bauen wollte. Nun hat die Stadt das Gelände mit den Produktionsgebäuden und Büros des ehemaligen Arzneimittelhersteller doch selbst gekauft. Man wolle nichts dem Zufall überlassen, schließlich gehe es um die letzte große Entwicklungsfläche am Rand der Innenstadt, begründet der Baubürgermeister Helmut Renftle den Meinungswechsel. Doch das ist noch nicht alles.

 

Aus Sicht der Verwaltung gibt es noch einen zweiten, wohl ebenso gewichtigen Grund für den Kauf: Der international bekannte Göppinger Software-Hersteller Team Viewer könnte aus Platzmangel abwandern. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren nicht nur begehrte IT-Arbeitsplätze in der Stadt geschaffen, es hat auch viele junge Neubürger aus aller Herren Länder und damit einen Hauch von Internationalität in die Stadt gebracht.

Nur der Parkplatz fehlt noch

Doch nun, so berichtet Renftle, sei das ehemalige Dienstleistungszentrum der Kreissparkasse beim Parkhaus in der Jahnstraße, das Team Viewer gemietet hat, bereits zu klein für das schnell wachsende Unternehmen. Es habe schon jetzt zusätzliche Büros im Umfeld des Bahnhofs angemietet. Doch das Ziel sei, alle Mitarbeiter möglichst bald wieder unter einem Dach zu vereinen – und die gute Anbindung über die Nähe zum Bahnhof zu behalten. Aus der Sicht der Stadt bietet sich das großflächige Müller-Areal an der Bahnhofstraße deshalb geradezu für Team Viewer an.

Am Montag hat die Stadt die Kaufverträge für den größten Teil des Geländes unterzeichnet. Nur über den geschotterten Parkplatz am Fischbergle wird noch verhandelt. Renftle ist aber zuversichtlich, dass sich eine Einigung erzielen lässt. Im Anschluss soll dann eine Untersuchung zeigen, ob es sich lohnt, die historischen Backsteingebäude der Firma zu erhalten und wie die Umgestaltung des Geländes im einzelnen aussehen könnte.

Stellplätze für Innenstadt-Bewohner

Auch wenn die architektonische Lösung noch offen ist, die Ziele, die sie erfüllen soll, sind klar: Neben neuen, zusammenhängenden Büros für Team Viewer strebt die Verwaltung Renftle zufolge einen Mix aus unterschiedlichen Wohnformen für das Quartier an. „Wir möchten möglichst viele verschiedene Angebote schaffen, darunter vieles, was es in der Stadt noch nicht gibt“, berichtet er. Angedacht sei neben Wohnungen für Singles oder betreutem Wohnen etwa ein Boarding House für Mitarbeiter oder Firmenwohnungen, ähnlich, wie sie die Kreissparkasse auch im Zentrum Untere Marktstraße plant. Offenbar haben viele Unternehmen Bedarf an Zimmern und kleinen Wohnungen angemeldet, die sie an Mitarbeiter weitervermieten können, die nur begrenzte Zeit vor Ort sind.

Die Idee auf dem Gelände ein Hotel zu bauen, ist hingegen inzwischen begraben. „Mit dem neuen Hotel am Kornhausplatz und dem Apostel-Hotel, das bald gebaut werden soll, ist das Angebot aus unserer Sicht zunächst ausreichend“, sagt Renftle. Auch Gastronomie soll in dem Quartier, wenn überhaupt, dann nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Wichtig ist Renftle dagegen die ansprechende Anbindung an die Innenstadt, die diese zugleich etwas erweitern könnte. Und der Baubürgermeister will dem Wunsch vieler Innenstadt-Bewohner nachkommen und auf dem Gelände in einer Tiefgarage feste Stellplätze für diese schaffen.

Gespräche laufen offenbar gut

Bei Team Viewer ist man offenbar optimistisch, dass die angepeilte Lösung tragen wird. Zwar will ein Sprecher nichts zum inhaltlichen Stand der Gespräche zwischen dem Unternehmen und der Stadt sagen. Er betont aber, dass man zurzeit keine Pläne habe, Göppingen den Rücken zu kehren. Bisher sei man mit dem Standort sehr zufrieden und hoffe, dass man auch in Zukunft in der Stadt bleiben könne. Der Sprecher bestätigt allerdings auch, dass das Unternehmen weiter wachsen wolle und zurzeit unter akutem Platzmangel leide. Man habe deshalb weitere Büros angemietet. Zurzeit arbeiten am Standort Göppingen rund 350 Mitarbeiter aus 60 Ländern.