Die evangelische Verbundkirchengemeinde fordert mehr Geld für vier ihrer Kindergärten in der Stadt – und tritt damit eine Lawine los, die auch andere Träger betrifft.

Göppingen - Die Nachricht, dass der Förderverein Reusch-Kindergarten am kommenden Samstag bei einem Flohmarkt Unterschriften für die Erhaltung des Kindergartens sammeln will, hat die Stadtverwaltung am Dienstag aufgeschreckt. Niemand müsse befürchten, einen Kindergartenplatz zu verlieren, beeilte sich der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till zu versichern. „Zur Not stellen wir einen Container hin, aber die Plätze bleiben erhalten. In Göppingen werden seit vielen Jahren Betreuungsplätze ausgebaut, nicht abgebaut.“ Der weitere Ausbau der Kinderbetreuung sei ihm und der Stadtverwaltung ein Herzensanliegen.

 

Mit ihrer Drohung vier ihrer Kindergärten zu schließen, falls die Stadt die Zuschüsse nicht erhöhe, hat die Evangelische Verbundkirchengemeinde nicht nur die Stadtverwaltung und viele Eltern aufgeschreckt. Denn in der Stadt fehlen – trotz aller Erweiterungen von Kindergärten und Krippen – – rechnerisch ohnehin zwischen 200 und 250 Betreuungsplätze.

Die Träger erhalten völlig unterschiedliche Zuschüsse

Der Vorstoß wirft auch ein Schlaglicht auf die zum Teil völlig unterschiedliche Förderung der Kindergartenträger. Evangelische und katholische Kirche sowie die vielen freien Träger erhalten für die Kindergärten, die sie betreiben, zum Teil ganz unterschiedliche Zuschüsse.

Die Bandbreite bewegt sich vom gesetzlich vorgeschriebenen Minimum von 63 Prozent der Betriebskosten bis zu fast 92,6 Prozent. Träger wie die Kirchen, die mehrere Einrichtungen haben, erhalten für ihre Kindergärten zum Teil ganz unterschiedliche Förderungen – je nach dem, zu welchem Zeitpunkt die Verträge mit der Stadt ausgehandelt wurden. Kein Wunder also, dass das Thema nun auch andere Kindergarten-Betreiber zu interessieren anfängt, die wegen der Diskussionen nun erfahren, dass andere Träger möglicherweise bisher höhere Zuschüsse für die gleiche Leistung erhalten haben.

Abmangel der Kindergärten lässt sich nicht mit Kirchensteuer decken

Für die evangelischen Kindergärten, die jetzt zur Disposition stehen, bekommt die Kirche dem Dekan Rolf Ulmer zufolge zu wenig Geld: Im Reusch-Kindergarten liegt der Zuschuss der Stadt zufolge bei 74 Prozent, im Kindergarten Schöllkopfheim bei 76 Prozent und im Martin-Luther-Kindergarten bei 75 Prozent am alten Standort in der Kirche und bei 93 Prozent am neuen Standort in der Fuchsecksstraße. Ulmer aber fordert darüber hinaus für alle Einrichtungen, dass die Stadt 80 Prozent des Abmangels übernimmt. Bisher trägt sie etwa für den Reusch-Kindergarten rund 30 Prozent des Abmangels der bei 34 000 Euro liegt.

Ulmer argumentiert, die Verbundkirchengemeinde habe in den vergangenen Jahren ein Defizit erwirtschaftet, das vor allem durch den Abmangel der Kindergärten entstanden sei. Insgesamt betreibt die Verbundkirchengemeinde sieben Kindergärten mit 13,5 Gruppen in der Stadt. Die Kirchensteuereinnahmen würden das Defizit nicht decken.

Sozialbürgermeisterin arbeitet Vorschlag aus, der gleiche Verhältnisse schaffen soll

Laut dem Oberbürgermeister Guido Till decken die Zuschüsse von Stadt und Land sowie die Elternbeiträge 1,7 Millionen Euro der Betriebskosten pro Jahr, die Kirchengemeinde hingegen übernehme schon jetzt nur rund 150 000 Euro der Kosten. Bei solchen Zahlenverhältnissen müsse man sich überlegen, wie viel die Stadt denn noch übernehmen solle. Schließlich trage sie schon heute deutlich mehr als die vom Land vorgeschriebenen 68 Prozent der Betriebskosten. „Wir sind der Meinung, dass ein bestimmter Teil der Kosten weiterhin von den freien Trägern erbracht werden soll“, sagt Till. Immerhin würden diese in ihren Einrichtungen ja auch ihre Weltanschauung vermitteln. Die für Kindergärten zuständige Erste Bürgermeisterin Almut Cobet arbeitet derzeit eine Vorlage aus, mit der die Bezuschussung aller Kindergärten auf eine einheitliche Grundlage gestellt werden soll. Diese soll bereits im November im Gemeinderat beraten werden. Die Stadträte, sagt Till, hätten dann das letzte Wort darüber, wie hoch die Bezuschussung der Freien Träger künftig sein solle. In welche Richtung der Vorschlag gehen wird, an dem Almut Cobet zurzeit arbeitet, verrät die Stadtverwaltung noch nicht.

Theoretisch könnte sich die künftige Förderung an den Einrichtungen orientieren, die derzeit mit mehr als 90 Prozent gefördert werden. Doch das würde deutliche Mehrausgaben für die Stadt bedeuten. Die Stadt könnte auch einen niedrigeren Satz wählen. Das könnte für manche Träger zu Verlusten führen – und den nächsten Streit provozieren.