Die Organisatoren der Göppinger Aktion ziehen eine positive Halbzeit-Bilanz. Ohne die Hilfe durch viele Ehrenamtliche wäre das Angebot in der Stadtkirche nicht zu stemmen.

Göppingen - Linsen mit Spätzle und Saitenwürstle – das schwäbische Nationalgericht – gibt es an diesem Tag. Um Punkt halb zwölf stehen die Gäste vor der Tür der Stadtkirche gegenüber dem Bankhaus Gebrüder Martin. Linus Grupp kontrolliert an diesem Seiteneingang die 2G-plus-Regel. Seit 16 Jahren, erzählt er, sei er Mitarbeiter des Hauses Linde. Es mache ihm Spaß, zusammen mit dem Ehrenamtlichen Ferdinand Wenisch die Tagesleitung bei der Göppinger Vesperkirche zu übernehmen.

 

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In der Kirche ist schon viel Betrieb. Man hört hier und dort ein „Hallo, auch da“ und spürt die Freude der Menschen, wenn sie sich beim Essen sehen. Ein ausgeklügeltes Hygiene- und Abstandskonzept haben die Verantwortlichen ausgearbeitet. So wird jeder kontrollierte Besucher nur am Osteingang eingelassen und darf die Stadtkirche nur auf der Westseite Richtung Pavillon verlassen. Wer nicht in der Stadtkirche essen möchte, kann am Südportal sein verpacktes Essen „to go“ mit nach Hause nehmen.

170 Vesperkirchenessen pro Tag

Wolfgang Baumung, Leiter des Hauses Linde und Hauptorganisator der Göppinger Vesperkirche, packt kräftig mit an. Man sieht ihn mit umgebundener Schürze und FFP2-Maske überall mithelfen, nachdem er am Vormittag schon den Transport des Essens mit den Ehrenamtlichen von der Zentralküche der Wilhelmshilfe Bartenbach in die Stadtkirche bewältigt hat.

Klaus Scheirich, seit 1999 Küchenleiter der Wilhelmshilfe, hat bis 11 Uhr neben den Mahlzeiten für die Bewohner der Wilhelmshilfe die etwa 170 Vesperkirchen-Essen mit seinen 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Produktion zum Selbstkostenpreis vorbereitet. Um halb zwölf soll schließlich die Vesperkirche reibungslos beginnen.

Getragen zu 100 Prozent durch Spenden

Die Kostenträgerschaft übernehme der Verein Haus Linde, erklärt Baumung. Die Vesperkirche werde zu 100 Prozent durch Spenden getragen sowie durch das Opfer bei den Gottesdiensten der Verbundkirchengemeinde. Dies sorge auch dafür, dass die Kirche jeden Tag gut beheizt sei.

Hartmut Zweigle, Dekan der evangelischen Verbundkirchengemeinde und gleichzeitig Vorsitzender des Vereins Haus Linde, sagt, es gehöre zur christlichen Tradition, für Schwächere da zu sein, die keine Lobby hätten. Er freut sich, dass der Verbundkirchengemeinderat dem diesjährigen Konzept der Vesperkirche zugestimmt hat und sie nicht wegen der Pandemie ausfallen ließ. Es gelinge, neben der Versorgung bedürftiger Menschen gute Gespräche zu führen. Die Menschen nähmen auch den täglichen, kurzen, geistlichen Impuls gerne an. Und fantastisch sei der große Einsatz der Ehrenamtlichen.

Insgesamt 66 Helfer stehen bereit

Etwa 20 Helferinnen und Helfer – insgesamt haben sich 66 zur Verfügung gestellt – sorgen auch an diesem Tag für einen reibungslosen Ablauf. So kümmert sich etwa Frieder Schiller aus Jebenhausen mit freundlichen Worten um das Abräumen des benutzten Geschirrs. Sein Motiv: „Ich habe in meinem Leben soviel Gutes erlebt. Davon möchte ich etwas zurückgeben.“ An der Kaffee- und Kuchentheke arbeiten schon seit einigen Jahren Inge Alles, die karitativ und kirchlich engagiert ist, und Jürgen Hansel, beide ebenso freundlich zugewandt. Ihm sei wichtig, etwas Sinnvolles zu tun als nur zu reden, sagt Hansel.

Eine, die regelmäßig die Vesperkirche besucht, ist auch Agathe Seither-Hees, Vorsitzende der Initiative Eine Welt in Göppingen. Sie schätzt die Gespräche mit Menschen verschiedener Kreise und berichtet, dass drei Frauen des „Inner-Wheel-Frauen-Clubs“, der soziale Projekte unterstützt, bei der Essensausgabe mithelfen und dass diese ganz glücklich seien. Und Ulrich Schwab, ehemaliges Aufsichtsratsmitglied der Wilhelmshilfe, berichtet begeistert von den ersten kleinen Anfängen der Göppinger Vesperkirche mit Bierbänken und etwa 20 Besuchern Anfang der 1990er Jahre, als er selbst Kaffee und Kuchen ausgegeben habe. Unter den Bewohnern des Hauses Linde, erinnert er sich, sei ein ehemaliger Koch gewesen, der in den Anfängen gekocht habe.