Das Rathaus lässt Experten den Wohnraumbedarf bis 2036 ermitteln. Heftige Debatten sind programmiert, denn die Zahlen lassen viel Spielraum für Interpretationen.

Göppingen - Der neue Geschäftsführer eines Göppinger Unternehmens will mit seiner Familie in die Stadt ziehen. Weil er ein Gutverdiener ist, würde ordentlich Steuergeld für das Stadtsäckel abfallen. Doch daraus wird nichts. Denn der Mann findet keine passende Bleibe. Inzwischen arbeitet der Unternehmer zwar in Göppingen, aber er wohnt auf den Fildern im Kreis Esslingen und zahlt seine Steuern dort. Das Beispiel, das der Oberbürgermeister Guido Till den Stadträten jüngst erzählte, verdeutlicht, warum die Kommune bestrebt ist, möglichst viele und im besten Fall auch gut verdienende Neubürger anzulocken. Sie bringen Steuern. Oder wie Till es ausdrückte: „Es kann doch nicht sein, dass die Leute hier ihr Geld verdienen und dann anderswo wohnen und Steuern zahlen.“

 

Die Stadt will nicht mehr nur auf Nachverdichtung setzen

Weil Wohnraum in Göppingen schon lange Mangelware ist, will die Stadt nicht mehr in erster Linie auf Nachverdichtung setzen, sondern auch große neue Baugebiete ausweisen, im Dittlau zum Beispiel. Doch die Frage ist, wie viel zusätzliches Bauland nötig ist, damit Menschen, die in Göppingen leben wollen, dies auch können.

Als die Stadtverwaltung die Bürger im Stadtteil Faurndau mit den Dittlau-Plänen überraschte, war die Rede davon, man brauche in den kommenden zwölf Jahren 4600 zusätzliche Wohnungen. Viele Bürger bezweifelten dies. Die Verwaltung hat deshalb eine Wohnraumbedarfsanalyse in Auftrag gegeben. Jüngst sind die ersten Zwischenergebnisse im Gemeinderat vorgestellt worden. Die Gutachter bestätigen zwar, dass Göppingen beim Bauen schon seit Jahren hinter vergleichbaren Kommunen herhinkt, dennoch ist der Bedarf ihrer Expertise zufolge deutlich niedriger.

Gutachter rechnet mit rund 3000 zusätzlichen Wohnungen in 18 Jahren

Der Gutachter Thomas Abraham vom Büro Empirica geht davon aus, das die Stadt in den kommenden 18 Jahren zwischen 2900 und 3150 zusätzliche Wohnungen braucht. Die benötigte Fläche liegt dem Gutachter zufolge zwischen 83 und 90 Hektar. Abraham machte auch deutlich, dass es in der Stadt nicht nur darum gehe, günstigen Wohnraum zu schaffen, wie es vor allem SPD und Lipi häufig fordern. Tatsächlich habe auch der Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern in den vergangenen Jahren unter dem Landesdurchschnitt gelegen. In vielen Städten und Gemeinden im Umland sei – im Verhältnis zur Einwohnerzahl – deutlich mehr gebaut worden. Dieser Hinweis war Wasser auf die Mühlen des Oberbürgermeisters, der an die Stadträte appellierte, sich künftig auch mehr darum zu sorgen, dass gerade junge Familien in der Stadt bauen könnten.

Die FWG-Fraktion hat die Analyse zum Anlass genommen, darauf hinzuweisen, dass im Stauferpark ein Viertel des benötigten Baulands auf der Fläche des heutigen Golfparks entwickelt werden könnte. Der Pachtvertrag mit dem Club läuft in einigen Jahren aus, im Regionalplan und im Flächennutzungsplan ist für das Gebiet bereits eine Wohnbebauung vorgesehen. Die Fraktion hat deshalb beantragt, ein bereits laufendes Verfahren zur Erweiterung der Firma Kleemann im Stauferpark erst abzuschließen, wenn klar ist, wie hoch die Lärmemission der Firma wird. Dazu fordert die FWG ein Gutachten. Die Fraktion argumentiert, das man erst dann absehen könne, ob sich die Erweiterung negativ auf eine mögliche künftige Wohnbebauung auswirken würde.