Die Bürgermeister haben um ihre Sammelplätze gekämpft, viele Stücklesbesitzer gingen auf die Barrikaden, Anwohner haben demonstriert. Jetzt hofft der Göppinger Abfallwirtschaftsbetrieb endlich ein schlüssiges Konzept für die gesetzeskonforme Behandlung der Grünabfälle zu haben.

Göppingen - Klinikneubau, Kreisstraßensanierung, Kinderbetreuung: all dies sind wichtige und millionenschwere Themen der Kreispolitik. Aber keines erregt im aktuellen Kreistagswahlkampf derart die Gemüter wie die neue Grüngutkonzeption. „Es gibt nicht eine Veranstaltung, bei der die Kompostierplätze von den Bürgern nicht auf die Tagesordnung gebracht werden“, klagte in der jüngsten Sitzung des Kreistagsausschusses für Umwelt und Verkehr der CDU-Fraktionschef Wolfgang Rapp und fügte im Hinblick auf die hohe Emotionalität hinzu: „Wir brauchen endlich einen Grüngut-Frieden.“

 

Nach Ansicht der Kreisverwaltung und des kreiseigenen Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB) ist man auf diesem Weg ein gutes Stück vorangekommen. Zwar müsse manches in der Konzeption noch offen bleiben, „die Richtung ist jedoch vorgegeben“, sagte der AWB-Betriebsleiter Eberhard Stähle, der in den vergangenen Monaten nichts unversucht ließ, um für die Neuerung zu werben. So besuchte er in elf Gemeinden eine Gemeinderatssitzung, bot Gesprächstermine an und lud zu sechs öffentlichen Besichtigungsfahrten ein.

AWB sucht den Kompromiss

Von seinem ursprünglichen Konzept, das die Schaffung von 15 interkommunalen Grüngutplätzen vorsah, die sich gleichmäßig auf den gesamten Landkreis verteilen, musste Stähle allerdings ein Stück abrücken. Als Kompromiss soll es künftig nun eine Kombination aus zwölf Grüngut- und 13 Sammelplätzen geben, wobei letztere, auf denen der Grünschnitt lediglich angenommen, aber nicht kompostiert wird, von den Gemeinden selbst umgerüstet werden müssen. Schon Stähles Lösung hätte den AWB inklusive der Abschreibung der Umbaukosten jährlich 1,3 Millionen Euro gekostet. Das wären 100 000 Euro mehr, als der AWB bisher für die Verwertung von Grüngut ausgab. Die nun beschlossene Konzeption schlägt mit 1,8 Millionen Euro zu Buche. Das ist aber immer noch billiger als die geschätzten 3,3 Millionen Euro jährlich, die der Ausbau aller kommunalen Kompostplätze im Kreis zu vollwertigen Grüngutplätzen gekostet hätte.

Dafür hatten sich viele Bürgermeister stark gemacht. So warb der Rathauschef von Hattenhofen, Jochen Reutter, vor dem Ausschuss noch einmal dafür, sowohl in seiner Gemeinde als auch im benachbarten Zell einen Grüngutplatz einzurichten. Die Bürgermeister wollen ihren Bürgern weitere Fahrten ersparen, was auch dem Wunsch vieler Stücklesbesitzer entspricht, die sich an die wohnortnahe Entsorgungsmöglichkeit gewöhnt haben. Hinzu kommt, dass die Anwohner der künftigen Grüngutplätze den Kompostiertourismus nicht gerade schätzen. In Salach hatte ein breiter Bürgerprotest vor drei Jahren den Bau einer Deponie für Gartenabfälle verhindert.

Viele Standorte sind noch unklar

Auch sonst ist in etlichen Regionen des Kreises noch unklar, wo das Grüngut künftig abgegeben werden kann. Lediglich drei Grüngutplätze sind fertig, bei weiteren sechs ist der Standort sicher, in fünf Fällen wird noch debattiert, so auch in Hattenhofen und Zell, wo Stähle weiter hart bleiben will. Für zwei Grüngutplätze so eng nebeneinander reiche die Bevölkerungszahl einfach nicht aus, sagte der AWB-Chef.

Doch auch die Bürgermeister bleiben hartnäckig. So schlug der Ottenbacher Bürgermeister Oliver Franz vor, wie im Ostalbkreis den Grünschnitt in Containern zu sammeln. Dies sei billiger als der Ausbau eines Sammelplatzes. Der muss nämlich auf Gemeindekosten eingezäunt und asphaltiert werden, was schnell eine sechsstellige Summe kosten kann. Auch hier gibt sich Stähle mittlerweile kompromissbereit, auch wenn er die Containerlösung skeptisch sieht. Er befürchtet, das nun auch diejenigen Kommunen, mit denen er bereits einig geworden ist, auf diese neue Lösung einschwenken.

„Sehr komfortables System“

Die Mehrkosten, das stellte er klar, müssten die Gemeinden tragen, was auch der Ausschuss so unterstrich. „Verglichen mit anderen Landkreisen haben wir ein sehr komfortables System“, sagte der SPD-Kreisrat Arnulf Wein und verwies darauf, dass der Kreis der Adressaten begrenzt sei. „Wer in einem mehrstöckigen Wohnhaus wohnt, hat nichts davon.“ Bezahlen müssen für das System aber alle: etwa fünf Euro pro Gebührenhaushalt und Jahr.

Göppingens gesetzloser Kompost

Göppingen - Bisher unterhalten 37 von 38 Städten und Gemeinden im Kreis Göppingen eigene Kompostierplätze. Sie entsprechen aber nicht mehr den Vorgaben der vor zwei Jahren bundesweit in Kraft getretenen Bioabfallverordnung (BioAbfV). Holzschnitt, der zu Brennmaterial verarbeitet werden soll, wird nicht getrennt erfasst. Meist fehlt eine Entwässerung für die Behandlung des Grünschnitts. Weil es auch an einer Überwachung mangelt, darf der Göppinger Kompost eigentlich nicht auf Feldern ausgebracht werden.

Um eine Verunreinigung zu verhindern, müssen die Grüngut- und Sammelplätze eingezäunt und beaufsichtigt werden. Sie sind nur noch acht Stunden pro Woche offen. Dafür können die Bürger auf Grüngutplätzen kostenlos hochwertigen dort hergestellten Humus abholen. Von den Sammelplätzen wird der Grünschnitt hingegen regelmäßig zur Kompostierung abtransportiert.

Hier wird man das Grüngut los

Göppingen - Die Kompostierplätze in Deggingen, Kuchen und dem Bad Ditzenbacher Ortsteil Gosbach sind bereits zu Grüngutplätzen ausgebaut. Weitere Grüngutplätze wird es in Ebersbach, Wangen, Heiningen, der Göppinger Rossbachstraße, Eislingen und Süßen geben. Offene Standorte sind noch Börtlingen-Zell und Schlat. Außerdem konkurrieren Hattenhofen und Zell unter Aichelberg um einen Grüngutplatz.

Kommunale Sammelplätze, auf denen nicht direkt kompostiert wird, also künftig auch kein Kompost abgeholt werden kann, wird es in Wäschenbeuren, Uhingen, Schlierbach, Bad Boll sowie den Göppinger Stadtteilen Faurndau, Bezgenriet und Hohenstaufen (saisonal für Holzschnitt) geben. Offen sind noch die Standorte in Börtlingen, Adelberg, Dürnau, Ottenbach und Hohenstadt.