Der Bundesgerichtshof hat ein richtiges Signal gesetzt. Der Schutz einer Marke hat seine Grenzen, wenn die Produkte zu verschieden sind und der Wettbewerb leidet, kommentiert StZ-Wirtschaftsredakteur Thomas Thieme.

Stuttgart - Die Bekanntheit einer Marke ist sicherlich das größte Pfund, mit dem ein Hersteller wuchern kann. Da ist es verständlich, dass sich gerade Traditionsmarken wie der Bonner Süßwarenfabrikant Haribo gegen mögliche Angriffe durch die Konkurrenz nach Kräften zur Wehr setzten. Es ist trotzdem nicht leicht, die Strategie des Unternehmens im Rechtsstreit mit dem Schokoladenhersteller Lindt rational nachzuvollziehen, schließlich geht es bei Marken weniger um Vernunft als um Psychologie und Gefühl. Eine Verwechslungsgefahr zwischen den kleinen bunten Gummibärchen von Haribo und dem großen goldenen Schokoladenbären von Lindt festzustellen, verlangt einige Fantasie vom Betrachter.

 

Vielleicht haben die Gummibärchen-Macher nicht einmal selbst wirklich mit einem Erfolg in Karlsruhe gerechnet und den Gang bis hinauf zur höchsten Instanz dennoch in Kauf genommen, um andere Konkurrenten vor tatsächlichen Nachahmungsversuchen abzuschrecken. Allerdings könnte das nun gesprochene Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs auch eine ganz andere Wirkung entfalten, die weit über den vorliegenden Fall der streitbaren Goldbären hinaus reicht.

Andere Hersteller wissen nun, dass sie die Namen neuer Produkte an die Optik eines bereits existierenden Markenartikels anlehnen können oder deren Form an einen bereits geschützten Markennamen. Konkreter gesagt bedeutet das: Wer Putzmittel in froschförmige Flaschen füllt, Fruchtgummis in Zwergenform oder goldene Gummibären in Hasengestalt auf den Markt bringt, muss keine juristischen Konsequenzen befürchten. Vielleicht taugen diese Beispiele nicht gerade zu Bestsellern, doch die Fantasie von Marketingstrategen und Produktentwicklern dürfte seit dem Urteil vom Mittwoch geweckt sein.