Riskante Klettertour: Am Wochenende wurden ganz oben am Fellbacher Schwabenlandtower an drei Seiten Graffiti auf die Außenwände gesprüht. Auf den Aufnahmen einer Überwachungskamera ist eine Person deutlich erkennbar.

Fellbach - So war der Fortschritt der Arbeiten an der Spitze des 107 Meter hohen Fellbacher Wolkenkratzers eigentlich nicht gedacht: Das Wort „DAUB“ ist weithin sichtbar in silberweißen Großbuchstaben auf die Westwand des Schwabenlandtowers 107 gesprüht. Darüber hinaus taucht das Wort, das im Englischen beschmieren bedeutet, in wesentlich kleineren Lettern noch weitere zwei Mal auf der Westseite sowie je einmal auf der Nord- und der Ostseite des Towers auf, jeweils im obersten Stockwerk.

 

Eine gewisse kriminelle Energie ist hierfür schon nötig

Aufnahmen einer Überwachungskamera hielten fest, dass sich vermutlich zwei Personen in der Nacht zum Samstag zwischen 23 Uhr und Mitternacht Zutritt zum Tower verschafft hatten. Eine gewisse kriminelle Energie ist hierfür schon nötig: „Bis in den dritten Stock wird der Zutritt zur Baustelle mit verschlossenen Bautüren verhindert“, sagt Michael Koschitzky. Sein Sicherheitsdienst ist beauftragt, am Abend zu kontrollieren, ob die Bauarbeiter die Baustelle wie vorgeschrieben abgesichert verlassen. Wer aber einmal im dritten Stock sei, der könne momentan den außen liegenden Bauaufzug „quasi als Leiter“ verwenden. Dass dies eine hoch riskante Klettertour ist, muss nicht betont werden.

Vermutlich ist der Sprayer ein junger Mann

Auf den Kameraaufnahmen ist eine Person deutlich erkennbar, sie trägt einen schwarzen Kapuzenpulli, die untere Gesichtshälfte ist mit einem Schal vermummt. Dass aller Wahrscheinlichkeit eine zweite Person dabei war, zeigen entsprechende Gesten der im Film festgehaltenen Person.

Vermutlich ist der Sprayer ein junger Mann. „Die Aufnahmen sind recht deutlich“, sagt Michael Koschitzky. Er könne sich vorstellen, dass damit die Identifizierung eines Verdächtigen durchaus möglich wäre. Unter das große Graffito auf der Westseite ist deutlich kleiner in roter Farbe „für Julia“ gesprüht. War die lebensgefährliche Aktion gar ein Liebesbeweis am Valentinstag? Und war die zweite Person deshalb vielleicht eine Frau? Das alles sind Spekulationen.

Ziemlich genau vor zwei Jahren wiederum, im Februar 2018, sind schon einmal Sprayer auf frischer Tat ertappt worden

Auf Nachfrage unserer Zeitung beim Stuttgarter Büro der CG-Gruppe – sie ist der Bauherr des Schwabenlandtowers – hieß es am Montag, man werde Anzeige wegen Sachbeschädigung erstatten. Bis Redaktionsschluss lag diese der Polizei allerdings noch nicht vor.

Die Baustelle des Wolkenkratzers ist nicht zum ersten Mal von Unbekannten heimgesucht worden. Als Maischerz kraxelten beispielsweise im Frühjahr 2016 Kletterer der Initiative „Freiheit für Oeffingen“ einen 90 Meter hohen Kran empor, um an dem Ausleger eine rot-weiße Flagge mit Doppelkreuz, es ist das Ortswappen für den nördlichen Fellbacher Stadtteil, anzubringen. Auf einem weiteren Banner dahinter war zudem eine Protestnote gegen den Stuttgarter Nordostring formuliert.

Ziemlich genau vor zwei Jahren wiederum, im Februar 2018, sind schon einmal Sprayer auf frischer Tat ertappt worden. Michael Eick vom Naturschutzbund Nabu hatte die jungen Männer damals zufällig mit dem Fernglas beobachtet, als er nach den Wanderfalken Ausschau hielt, die auf dem Turm nisten.

Eick informierte die Polizei. Als die selbst erklärten Künstler das Gebäude verlassen wollten, liefen sie den Gesetzeshütern direkt in die Arme. Damals hatten die Sprayer Videoaufnahmen ihrer Aktion ins Netz gestellt. Es wäre von dem her keine Überraschung, wenn auch von der aktuellen Aktion Aufnahmen in den sozialen Netzwerken auftauchen würden.