Gran Turismo hat unter digitalen Motorsportfans einen legendären Ruf. Dem wird der siebte Teil gerecht – und fühlt sich doch immer wieder an wie ein Imagevideo im Automuseum. Warum?

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Die Welt der digitalen Rennspiele ist zweigeteilt: Da gibt es die Funracer wie zum Beispiel die Need-for-Speed-Reihe, die sich um die physikalische Wirklichkeit wenig scheren, schick aufgemotzte Rennschlitten durch futuristisch anmutende Rennstrecken rasen lassen und für jede Menge Spaß und Action sorgen.

 

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Eher für Motorsportfans gedacht sind die so genannten Rennsimulationen, die sich um ein akkurat nachgebildetes Fahrgefühl bemühen, viele bekannte und legendäre Rennstrecken anbieten, den Spielern aber einiges an Einarbeitung und Tüftelei abverlangen.

Zu letzteren zählt die Gran-Turismo-Reihe, die seit 1997 exklusiv für die Playstation-Konsole erscheint und eine treue Fan-Gemeinde hat. Im März ist nun der siebte Teil der Reihe erschienen. Wird die jüngste Auflage der Spiele-Reihe deren Ruf und Anspruch gerecht?

Worum geht es?

Wer frühere Gran-Turismo-Teile kennt, weiß wie es läuft: Die Spieler beginnen mit vergleichsweise kleinen und kraftlosen Rennsemmeln eine Karriere auf den Rennstrecken dieser Welt. Sie sammeln Punkte und Geld, arbeiten sich in den Ranglisten hoch, schalten immer weitere Modelle mit mehr Wumms und Tempo frei. Am Ende stehen die legendären Rennserien der Automobilgeschichte auf dem Plan.

Bis dahin haben die Spieler allerdings alle Hände voll zu tun. Es gilt nicht nur, Autos freizuschalten, sondern diese auch zu modifizieren und den verschiedenen Herausforderungen auf den Rennstrecken anzupassen. Um sich für lukrativere Rennen zu qualifizieren, müssen Rennlizenzen erworben werden, und wer immer noch genug Zeit hat, kann seine Rennboliden vor diverse Landschaften von der marokkanischen Wüste bis zu verschneiten Skiorten platzieren, Fotos machen und diese teilen.

Stärken

Eine Engine zu programmieren, mit der ein kleiner Sprint in einem aufgemotzten Fiat 500 Abarth genauso viel Spaß macht wie ein reinrassiges Rennen in pfeilschnellen Konzeptautos mit mehreren 100 PS – das muss man erst einmal hinbekommen. Gran Turismo 7 bildet die Fahrphysik der ins Spiel integrierten Autos spürbar nach. Das gilt für sage und schreibe mehrere Hundert Fahrzeuge, die von Polyphony Digital bis ins letzte Detail nachgebaut worden sind.

Andererseits bestehen zahllose Möglichkeiten, diese Autos zu modifizieren. Das reicht von kleineren Lackierungen und optischen Elementen bis hin zum renntauglichen Turbolader, Scheibenbremsen und dem Wetter angepassten Reifen. Die Spieler können individuell eingestellte Rennen fahren oder in edlen Showrooms mehr über die Autos und deren Geschichte erfahren.

Die Grafik ist ansprechend und angenehm schnell, Wettereffekte und Lichtstimmungen, aber auch der Sound wissen zu überzeugen. Echter Fahrspaß kommt zwar nicht unbedingt in japanischen Kleinwagen auf, aber Luxuskarossen aus den Häusern Porsche und Ferrari müssen es auch nicht gleich sein. Wer einmal in einem BMW 3.0 CSL Baujahr 1971 über italienische Rennstrecken geröhrt ist, wird das auch wieder tun. Gran Turismo bekommt eine gute Mischung hin zwischen leichtem Einstieg und anspruchsvoller Fahrphysik.

Schwächen

Das praktisch nicht existente Schadensmodell bleibt eine Achillesferse von GT7. Wer aus der Kurve fliegt oder in die Autos von Kontrahenten knallt, wird am Ende einfach von Geisterhand wieder auf die Strecke gesetzt. Das nimmt den Rennen einiges an Atmosphäre, genauso wie die Grafik, die zwar Autos und Strecken akkurat abbildet, die Spieler ansonsten aber in weitgehend leblosen Landschaften zurück lässt.

Dies und eine lieblose Präsentation des Karrieremodus in Form eines Cafés mit dem Charme einer global agierenden Kaffeehauskette, wo die Spieler über Texteinblendungen informiert werden, geben GT7 leider immer wieder den Charakter eines Imagevideos von einem der vertretenen Automarken. Der Geruch von Benzin, verschmortem Gummi und kochendem Asphalt zieht den Spielern dabei nicht durch die Nase. Gran Turismo 7 ist dann doch eher Porsche Sound Nacht als ein Treffen ölverschmierter Auto-Enthusiasten in der Garage.

Kurz nach der Veröffentlichung hagelte es Kritik von Spielern, weil Polyphony Digital mit einem Update ordentlich an den Preisen für die Topmodelle schraubte, um In-Game-Käufe mit realem Geld verlockender zu machen. Später ruderte das Unternehmen dann zurück. Fakt bleibt allerdings, dass auch GT7 zumindest mit dem Virus der Echtgeld-Mikrotransaktionen infiziert ist. Für Topmodelle kann da auch mal ein dreistelliger Betrag fällig werden – wenn man nicht endlos Rennen fahren will, um das Geld zusammenzubekommen.

Fazit

Wie lautet die bekannte Fußball-Weisheit? Entscheidend is auf’m Platz. Und bei der Fahrphysik und den Rennstrecken macht GT7 vieles richtig, vom Schadensmodell abgesehen. Echte Enthusiasten, die durch die Geschichte des Automobils rasen wollen, werden bestens bedient.

Gran Turismo 7 ist exklusiv für die Playstation erschienen und kostet je nach Version um die 60 Euro aufwärts.

Grafik 3,5 von 5 Sternen

Technik 4,5 von 5 Sternen

Atmosphäre 3,5 von 5 Sternen