Patrick Haag bietet Grillseminare an, um Fleischliebhabern zu zeigen: Es muss nicht immer nur Rumpsteak sein. Dem Hobbyfarmer geht es um besondere Geschmackserlebnisse, aber auch um nachhaltiges Schlachten.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Grillkurse sind keine neue Erfindung, trotzdem sind die Steak-Tastings und Barbecue-Events, die Patrick Haag seit Kurzem auf dem Degerlocher Tegerhof anbietet, etwas Besonderes. „Sie finden dort statt, wo auch die Tiere sind. Zwei Meter neben einem sieht man die Rinder“, sagt Patrick Haag und ergänzt: „Das kann makaber wirken.“ Aber genau das entspräche der Philosophie von ihm und seinem Bruder Friedrich: Transparent zu machen, wo das Fleisch herkommt, wie es gehalten wird, und Wertschätzung für das Fleisch zu vermitteln.

 

Mit den Grillseminaren, die Patrick Haag neu anbietet, möchte der Hobbyfarmer sein Prinzip, die Rinder von Anfang bis Ende zu begleiten, noch weiter vertiefen. Die Tiere wachsen bei ihm auf, werden zwei bis drei Jahre lang gehegt und gepflegt, von ihm selbst geschlachtet, zerlegt und verkauft. Bei den Grillseminaren wird das Fleisch darüber hinaus noch gemeinsam zubereitet und gegessen.

„Wir wollen den Leuten näher bringen, was man aus den verschiedenen Teilstücken alles machen kann“, erklärt der 28-Jährige das Ziel der Kurse. Ihm geht es dabei auch um Nachhaltigkeit bei der Tierverwertung, schließlich werde immer ein ganzes Rind geschlachtet und nicht eines, das nur aus Rumpsteak, Filet oder Rib-Eye-Steak bestehe. Diese Edelteile machten nur 15 Prozent eines Tieres aus, gibt der Fleischsommelier zu bedenken. Seine Überzeugung ist: „Alles ist ein Edelteil. Es gibt kein gutes oder schlechtes Stück vom Rind, man muss es nur richtig zubereiten.“

Damit das jeweilige Teilstück gut schmeckt, müsse man verstehen, was sich als Kurzbratstück und was als Schmorstück eigne. Was also bei hoher Temperatur kurz angebraten und was bei wenig Hitze lange gegart werden muss. Um das zu durchschauen, lässt Patrick Haag die Seminarteilnehmer auf alle Viere stützen und erspüren, welche Muskeln dabei beansprucht werden. Dabei wird deutlich: Anders als bei uns Menschen werden bei Rindern die Rückenmuskeln kaum beansprucht und eignen sich daher als Kurzbratstücke. Die viel beanspruchten Bein- und Brustmuskeln sind hingegen mit viel Bindegewebe durchzogen. „Das wird beim Kurzbraten nicht weich, beim Schmoren wandelt es sich aber in Gelatine um und wird umso saftiger“, sagt Haag. „Wenn man das weiß, dann hat man Grillen verstanden.“

Fleisch ganz neu erfahren

In den Grillseminaren, erzählt Haag, entdeckten manche Teilnehmer ganz neue Lieblingsstücke. Zum Beispiel Rinderherz: „Das ist super mager, ein purer Muskel.“ Weil es so stark durchblutet sei, habe es einen eisigen Geschmack, den man aber loswerden könne, indem man es zwei, drei Stunden in Milch einlege. Besonders gut schmecke vielen Leuten auch der Nierenzapfen, der in der Bauchhöhle innen an der Wirbelsäule liege. Haag ermutigt die Kursteilnehmer, beim Metzger einmal nach diesen besonderen Teilstücken zu fragen.

Eine Besonderheit an den Grillkursen auf dem Tegerhof ist sicherlich auch, dass der Grillmeister den Teilnehmern ins Gewissen redet, weniger Fleisch zu essen. Es werde viel zu viel davon gegessen, und das zu einem Preis, der keine artgerechte Haltung erlaubt. Das Argument, dass sich viele Leute kein teureres Fleisch leisten könnten, entkräftet er mit der Denkhaltung: „Wenn ich die Hälfte der Menge zum doppelten Preis esse, dann kostet es immer noch das gleiche.“

Grillkurse

Termine
Die nächsten Steak-Tastings und Barbecue-Events werden auf der Homepage www.tegerhof.de angekündigt. Sie kosten 139 und 129 Euro. An einem Kurs können 20 bis 30 Personen teilnehmen. Inbegriffen sind das mehrgängige Essen sowie alle Getränke.

Ablauf
„Keiner muss schnippeln“, sagt Patrick Haag. Zubereiten und grillen tun andere, die Teilnehmer dürfen essen und bekommen alles rund ums Fleisch erklärt und beigebracht. Zwischen den Gängen findet eine Hofführung statt, bei der die Aufzucht der Rinder auf dem Tegerhof gezeigt wird.