Die Messe Sindelfingen trotzt der Stuttgarter Konkurrenz. Besonders die Grillmesse sei beim Publikum gut angekommen, sagt der Messechef Ralph Hohenstein. Doch er sieht immer noch Luft nach oben.

Sindelfingen - Die ARTe gilt als führende Messe für Kunst des 21. Jahrhunderts in der Region Stuttgart, die Briefmarkenmesse als die Nummer eins in Deutschland. Auch zur Antik & Kunst, zur Fisch & Reptil, zur Haus & Energie und anderen Messen strömen die Menschen. Der Sindelfinger Messe-Geschäftsführer Ralph Hohenstein verzeichnet für die zurückliegende Saison mit mehr als 100.000 Besuchern für sich einen Rekord. Dazu beigetragen hat erstmals eine Grillmesse. Die Umsatzzahlen sind ebenfalls gestiegen. Nun ist Expansion angesagt. In Herrenberg (Kreis Böblingen) eröffnet Hohenstein ein neues Lager- und Bürogebäude – und er will sich weiter gegen die Konkurrenz der Messe Stuttgart behaupten.

 

Herr Hohenstein, was legen Sie bei sich im Garten auf den Grill?

Am liebsten ein Dry Aged Steak, also ein Rindfleisch, das länger gereift ist und Fetteinlagerungen hat für den saftigen Geschmack Ich grille aber auch gerne Lachs oder eine Dorade.

Aus ihren Worten spricht der Gourmet. War dies auch die Motivation für Ihre neue Grillmesse?

Sie werden es kaum glauben, aber ich wollte mir einen neuen Grill zulegen und habe mich über das Angebot informiert. Eigentlich wollte ich 500 oder 600 Euro ausgeben. Zum Schluss hat meine Grillausrüstung 1700 Euro gekostet – und mein Budget überschritten. Dabei kam mir aber die Idee für eine Grillmesse. Die Verkäuferin habe ich einige Monate später als Projektleitleiterin engagiert.

Mit 10 000 Besuchern an zwei Tagen hat man Ihnen geradezu die Bude eingerannt.

Deshalb gehen wir mit diesem in Deutschland völlig neuen Messeformat im nächsten Jahr zusätzlich nach Offenburg.

Schaffen Sie sich in Sindelfingen damit nicht eine eigene Konkurrenz?

Nein, das denke ich nicht. Offenburg ist weit genug weg. Zwar sind zu uns nach Sindelfingen zur Grillmesse auch Besucher aus dem Ruhrpott angereist. Doch haben wir zumeist Messebesucher aus dem Umkreis von 100 Kilometern.

Wie sehen Sie sich im Wettbewerb mit der Messe Stuttgart?

Uns mit ihr zu vergleichen, das ist etwa so wie der Unterschied zwischen einem Schnellboot und einem Flugzeugträger. Die Messe Stuttgart würde uns weh tun, wenn sie unsere eher kleineren Formate in ihr Programm integrieren würde. Das tut sie aber nicht. Weil wir unser Publikum haben – und die Stuttgarter ihres. Unsere Besucher und auch die Aussteller mögen die Überschaubarkeit und das Gewohnte, wenn sie jedes Jahr etwa zur Briefmarkenmesse kommen.

Apropos: Das Briefmarkensammeln ist doch wohl etwas aus der Mode gekommen.

Davon spüren wir nicht viel. Die Zahl der Besucher und der Aussteller ist nahezu konstant, auch weil wir damit in Deutschland die Nummer ein sind. Wachstumsraten sind freilich keine zu erzielen. Aber die Philatelie ist ein toller und vor allem ein verlässlicher Markt. Deshalb veranstalten wir die Briefmarkenmesse seit Jahren auch in München.

Machen Sie damit aus der Not ein Tugend? Ihre Halle verfügt lediglich über ein Fläche von 8000 Quadratmetern.

Das hat auch einen Vorteil: Betriebswirtschaftlich lässt sich das gut rechnen. Für die erste Grillmesse haben wir, vorsichtig, wie wir sind, erst einmal 4000 Quadratmeter genutzt. Das nächste Mal wird die Grillmesse voraussichtlich deutlich größer.

Was für Ideen haben Sie für weitere Messen? Es ist ja wohl noch Luft nach oben.

Bei den Vermietungen auf jeden Fall. Im Frühjahr und Herbst haben wir noch wenige Termine für Fachmessen oder Tagungen, die wir extern vergeben. Für die eigenen Messen braucht man immer das entsprechende Knowhow. Sehr gerne würde ich mal eine Bootsmesse machen. Aber diese Nummer wäre für uns wohl zu groß. Wir müssten uns dann auf kleine Boote wie Kajaks beschränken. Auch wenn ich selbst einen Motorbootführerscheine habe, bei so einem Projekt muss man den Markt ganz genau kennen.

Um auf gute Umsätze zu kommen? Wie sind überhaupt Ihre Zahlen ausgefallen?

Wir haben unseren Umsatz im vergangenen Jahr um 800 000 Euro auf 4,6 Millionen Euro gesteigert. Nach Abzug aller Personalkosten und auch meines Salärs konnten wir einen Gewinn von 100 000 Euro ausweisen.

Sie haben auch noch eine eigene Messebaufirma. Wie läuft es da?

Wir erhalten mehr Aufträge als wir annehmen können. Den Umsatz steigerten wir gegenüber 2016 von 600 000 Euro auf 2,6 Millionen Euro.

Wie stemmen Sie das Ganze personell?

Wir haben insgesamt 30 Mitarbeiter. Hin und wieder stelle ich einen zusätzlichen ein. Wir haben inzwischen so viel Bürofläche und Messebaumaterial, dass wir erweitern müssen. Wir errichten ein neues Gebäude in Herrenberg-Gültstein, wo wir 2000 Quadratmeter Lager- und Produktionsfläche zusätzlich haben und mehr als 500 Quadratmeter Bürofläche.

Was ist, wenn die Konjunktur stockt?

Das Messegeschäft verläuft eher antizyklisch. Als die Auftragsbücher nicht so gefüllt waren, hatten wir noch mehr Anfragen für Standflächen. Wir haben eher ein Problem, wenn sich die Handwerker etwa bei der Energiemesse überlegen, ob sie überhaupt ausstellen sollen. Sie können mit ihrem Auftritt, wie etwa auch die Aussteller bei der Fisch & Reptil, ihren Kundenstamm sichern und – falls nötig – ausbauen.

Motorrad und Motorboot

Familienunternehmen
Gustl Hohenstein gründete die Messe Sindelfingen im Jahr 1973. Ralph Hohenstein begann 1988 seine Tätigkeit in dem Familienunternehmen. Im Jahr 1992 wurde er Geschäftsführer und übernahm den Betrieb von seinem Vater.

Firmenchef
Hohenstein ist 54 Jahre alt, Vater von vier Kindern und in Waldenbuch aufgewachsen, wo er im elterlichen Haus lebt. Hohenstein absolvierte eine Ausbildung zum Industriekaufmann. In seiner Freizeit fährt er mit Vorliebe Motorrad und auch Motorboot, zudem betätigt er sich als Hobbygärtner.