Ein Großfeuer hat die berühmte Uni-Bibliothek mit historisch wichtigen Büchern in der Touristenmetropole Kapstadt zerstört. Akademiker aus aller Welt helfen nun zu retten, was noch zu retten ist.

Kapstadt - Als ein katastrophaler Großbrand im April die renommierte Bibliothek der Universität Kapstadt (UCT) mit tausenden historischen Büchern zerstörte, war für die Kölner Diplom-Papier-Restauratorin Tina Löhr sofort klar: Da muss ich hin und helfen. Spontan stieg die 46-Jährige in den Flieger. Anfang Mai landete sie in der Touristenmetropole, in der sich die älteste Universität Südafrikas mit ihren geschichtsträchtigen Gebäuden, Efeu-bewachsenen Fassaden und dem berühmten Tafelberg als Kulisse befindet.

 

Die in den 30er Jahren erbaute und am 18. April vom Feuer zerstörte Jagger-Bibliothek der UCT ist alles andere als eine gewöhnliche Uni-Bücherei. Sie gilt als Wahrzeichen afrikanischer Geschichte und des Intellekts des Kontinents. Mehr als 85 000 wertvolle und seltene Bücher zu Afrikastudien und anderen Fächern sowie 3000 audiovisuelle Materialien befanden sich hier, einschließlich einzigartiger Sammlungen afrikanischer Bücher und repräsentative Einbände.  

Was die Flammen nicht zerstörten, wurde großteils durch die Löscharbeiten der Feuerwehr beschädigt, besonders das im Keller gelegene Archiv. Viele Bücher wurden inzwischen geborgen, müssen nun aber mühselig restauriert werden. Die Sammlung gehört nach Angaben der UCT zu den umfangreichsten der Welt. Zahlreiche Werke waren noch nicht digitalisiert worden.

Ein Verlust nicht nur für Südafrika

Die Feuerkatastrophe rief weltweit Bestürzung hervor. Der Zerstörung der Bibliothek gilt nicht nur als Verlust für Südafrika, sondern für die ganze Welt. Das PEN-Zentrum Südafrikas beklagte den Verlust der wichtigen Texte. UCT-Vizekanzler Professor Mamokgethi Phakeng sagte, ein „bedeutendes institutionelles Vermögen“ sei für immer verloren. Eine Flut von Schock-Bekundungen und Hilfsangeboten aus aller Welt hätten jedoch geholfen, das Trauma ein wenig zu mildern, so Phakeng.

Unter den Hilfsangeboten war das von Löhr, denn die Expertise von Papier-Restaurateuren ist rar. Zudem hat die Deutsche bereitsim März 2009, als das Historische Archiv in Köln einstürzte, wertvolle Erfahrungen sammeln können. „Damals mussten wir Sachen aus dem Schlamm holen. Dadurch wusste ich jetzt, was gerade bei Wassereinbruch und nassen Dokumenten wichtig ist.“ Manchmal könne der Entschluss, ein Buch an der Luft trocknen zu lassen oder einzufrieren, darüber entscheiden, ob ein Werk überlebe, so Löhr.

Eine Woche lang half Löhr, Tausende von Kisten mit Büchern aus dem überfluteten Archiv zu schleppen und das Ausmaß der Schäden auszuwerten. Viele Werke waren durchnässt, einige hatten bereits zu schimmeln begonnen. „Das war harte Arbeit“, so Löhr, doch vor allem als sie in einem verkohlten Rohr historische Architekturpläne entdeckte, fühlte sie sich für die Schufterei belohnt. Sie habe vor Ort in Kapstadt auch andere Helfer anlernen können, die die Arbeit nach ihrer Abreise nun weiterführen, sagt Löhr.

Es wird noch Monate brauchen, bis man die Verluste einschätzen kann

Es gibt noch viel zu tun. „Das volle Ausmaß des Schadens ist noch nicht einzuschätzen. Es wird noch viele Monate dauern, bis wir wissen, wie hoch die Verluste sind“, erklärt die Exekutivdirektorin der UCT-Bibliotheken Ujala Satgoor der Deutschen Presse-Agentur.

Auch aus der Ferne haben sich Wissenschaftler zusammengetan, um zu helfen. Der Leiter des regionalen Unesco-Büros, Hubert Gijzen, reiste aus dem benachbarten Simbabwe an, um seine Unterstützung anzubieten. Eine Akademikerin an der Copenhagen Business School in Dänemark, Maha Rafi Atal, die vor Jahren selbst in der Jagger-Bibliothek recherchierte, startete noch am Tag des Feuers eine Online-Initiative, um wertvolle Kopien und Fotos von Texten zu sammeln, die Akademiker während ihrer Besuche an der UCT gemacht haben.

Ein Teil von Afrikas literarischem und wissenschaftlichem Erbe ist für immer vernichtet

„Ich sah, dass Akademiker sich auf sozialen Medien darüber austauschten, dass sie Kopien von Werken aus der Jagger-Bibliothek haben, die sie bei Forschungsbesuchen gemacht haben. Da kam mir die Idee, eine Liste zu erstellen, mit der man gegenchecken kann, ob verlorene Texte irgendwo noch in Kopieform erhalten sind“, erzählt Atal der Deutschen Presse-Agentur. Inzwischen habe sie Zusendungen von mehr als 120 Akademikern bekommen, die Kopien zahlreicher Texte hätten, so Atal.

Doch trotz der globalen Hilfsaktion ist ein großer Teil von Afrikas literarischem und wissenschaftlichem Kulturerbe für immer verschwunden. Die südafrikanische Autorin und Anwältin Judith February hat es in einem Meinungsartikel auf den Punkt gebracht: „Wenn Bücher brennen, geht auch ein Teil von uns verloren.“