Manuela Schwesig gibt wegen einer Krebserkrankung den kommissarischen SPD-Vorsitz ab, regiert aber als Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern weiter.

Berlin - Das mit dem Baumhaus hat Manuela Schwesig gern erzählt. Und immer wenn sie darauf zu sprechen kam, war ein richtiges Leuchten in ihren Augen. Ihr kleiner Sohn spiele gern in seinem Baumhaus, in dem es sogar eine Küche gebe. Manchmal serviere ihr der Kleine dort oben einen Espresso: „Das hat er sich von meinem Mann abgeschaut.“

 

Diese goldige Geste hat die SPD-Politikerin so gerührt, dass sie sie nicht im Privaten gelassen hat – ganz so, wie sie auch sonst in persönlichen Dingen sehr offen ist. Nach der Geburt ihres Sohnes – eines von zwei Kindern – ließ sich die Finanzwirtin taufen. Die gebürtige Brandenburgerin wuchs ohne jeden religiösen Bezug auf. Aber als der Kleine auf der Welt war, sei ihr wichtig gewesen, „die schützenden Hände Gottes über meinem Sohn, meinem Mann und mir zu wissen“.

„Bin zuversichtlich, wieder gesund zu werden“

Ihre Familie und ihr Glaube werden der 45 Jahre alten Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern helfen durchzustehen, was sie am Dienstag einen „riesigen Schock“ genannt hat. Schwesig ist an Brustkrebs erkrankt und gibt den Posten als stellvertretende SPD-Chefin auf – und ihren Part im kommissarischen Führungstrio der Sozialdemokraten.

Regierungschefin in Schwerin will Manuela Schwesig aber bleiben. „Nach intensiven Gesprächen mit meinen behandelnden Ärzten bin ich sehr zuversichtlich, dass ich wieder gesund werde“, schreibt sie in einem Brief an ihre Parteifreunde. „Krebs ist nicht gleich Krebs. Dieser Krebs ist heilbar“, fügt sie ihrer öffentlichen Erklärung hinzu. Die frühere Bundesfamilienministerin wird die Therapie und ihre Arbeit verbinden, was auch heißt, dass Minister im Schweriner Kabinett von ihr Termine übernehmen.

Im Nachhinein wird nun auch klar, warum Schwesig im Rennen um den Parteivorsitz nicht angetreten ist – eine Entscheidung, für die der SPD-Politiker Matthias Machnig bissigen Spott übrig hatte: „Wer nicht mal mehr an der Eingangstür des Willy-Brandt-Hauses rütteln will, der braucht über das Kanzleramt gar nicht erst nachzudenken.“ Damals fiel auf, wie schroff Schwesig diese Kritik zurückwies. Selbstverständlich habe das Trio mit der Mainzer Ministerpräsidenten Malu Dreyer, Thorsten Schäfer-Gümbel aus Hessen und ihr einen Machtanspruch, sagte sie Mitte August dem ZDF: „Aber vielleicht kommen wir nicht ganz so daher, wie es manche ältere Herren in unserer Partei gerne hätten.“ Es sei respektlos, die Partei in einer schweren Zeit so zu beschimpfen.

Für die SPD ein herber Schlag

Viel Mitgefühl und Respekt für den Umgang mit der Diagnose werden Schwesig zuteil an diesem Tag. Kanzlerin Angela Merkel hat sie angerufen, der Thüringer CDU-Chef Mike Mohring, der selbst gerade den Krebs besiegt hat, wünscht „ein Licht an dunklen Tagen“, und in der SPD sind ohnehin viele tieftraurig und erschüttert, weil nur die allerwenigsten davon gewusst haben. Fast trotzig sagt eine sichtlich angefasste Malu Dreyer, die ihren eigenen Kampf mit Multipler Sklerose führt: „Manuela Schwesig wird es packen.“ Auf dem sozialen Netzwerk Instagram reagiert diese am Nachmittag auf die zahllosen Genesungswünsche: „Das berührt mich sehr und gibt mir viel Kraft.“

In den Hintergrund rückt, dass der angekündigte Rückzug von den Parteiämtern für die SPD ein politisch herber Schlag ist – geführt wird sie von Oktober an allein von Dreyer, da Schäfer-Gümbel, wie längerfristig geplant, Vorstand bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit wird.

Es ist gerade etwas mehr als zwei Jahre her, dass Manuela Schwesig dem damaligen Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern gute Besserung gewünscht hat. Ihr Vorgänger Erwin Sellering zog sich im Sommer 2017 aus der Schweriner Staatskanzlei zurück, weil er ebenfalls an Krebs erkrankt war. Er kehrte jedoch gesund zurück – auch in dieser Hinsicht will ihm Manuela Schwesig nachfolgen.