SPD-Chefin Andrea Nahles verteidigt die Sozialpolitik der Bundesregierung: Ohne das „Sozialklimbim“ gäbe es dieses Jahr kein Wirtschaftswachstum. In der Frage des künftigen Kommissionspräsidenten geht sie auf Konfrontation zur Union.

Berlin - Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat die „Sozialklimbim“-Äußerungen des Waiblinger CDU-Wirtschaftspolitikers Joachim Pfeiffer scharf kritisiert. Diese zeigten, „dass es bei einigen in der Union an Respekt vor der Lebensleistung normaler Menschen mangelt“, sagte Nahles unserer Zeitung. Pfeiffer habe aber auch „ökonomisch falsch“ gedacht. „Unser ‚Sozialklimbim‘ ist der einzige Grund dafür, dass wir in diesem Jahr weiterhin wirtschaftliches Wachstum haben.“

 

Nahles verwies auf die Gemeinschaftsprognose der Wirtschaftssachverständigen. „Dadurch, dass wir die Parität bei den Krankenkassenbeiträgen wiederhergestellt, die Sozialbeiträge für die Geringverdiener abgesenkt oder Leistungsverbesserungen im Starke-Familien-Gesetz beschlossen haben, haben wir die privaten Haushaltseinkommen erhöht und den Konsum angekurbelt.“

„Die Koalition ist stabil“

Pfeiffer hatte die Sozialpolitik der Bundesregierung kritisiert und bemängelt, Deutschland leiste sich „zu viel Sozialklimbim in einem Rundum-Versorgungsstaat“. Nahles betonte, dass die SPD in der Koalition mit der Union weiterhin auf soziale Forderungen setze. „Für uns sind wirtschaftliches Wachstum und soziale Gerechtigkeit eng miteinander verbunden“, sagte die SPD-Vorsitzende. „Und deshalb wollen wir eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung, weil die Lebensleistung jedes einzelnen Respekt verdient.“

Die Union pocht auf eine solche Bedürftigkeitsprüfung. Der Konflikt dürfte nach der Europawahl zu weiteren Spannungen in der Koalition führen. Nahles zeigte sich jedoch überzeugt, dass das Bündnis mit der Union auch nach dem Wahlsonntag Bestand hat: „Die Koalition ist stabil, da bin ich ganz sicher.“

Krach um Kommissionschef bahnt sich an

Ein weiterer Streit deutet sich jedoch an, wenn es um die Wahl des CSU-Politikers und konservativen Spitzenkandidaten Manfred Weber zum Kommissionspräsidenten geht. Die Union will den Deutschen als Nachfolger des Luxemburgers von Jean-Claude Juncker durchsetzen, die Konservativen brauchen dafür jedoch Unterstützung aus anderen politischen Lagern.

„Wir haben keine Veranlassung, Weber zu wählen“, stellte Nahles klar. Sie sei „fest überzeugt“, dass der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten, der Niederländer Frans Timmermans, der Richtige für das Amt sei. „Wir unterstützen ihn, auch wenn das der Union und Frau Merkel nicht gefällt“, sagte die SPD-Chefin. „Nach 16 Jahren mit konservativen Kommissionspräsidenten ist ein Wechsel fällig.“