Der Kroatische Kulturverein Adrija aus Ditzingen hat am Wochenende mit rund 800 Gästen in der Gerlinger Stadthalle gefeiert. Dabei wird gegessen, getrunken und getanzt – nur die Jugend macht sich immer rarer in der Mitgliederstatistik.

Gerlingen - Für diesen Abend in der Gerlinger Stadthalle hat sich Katerina Muhler besonders schick gemacht: Die schlanke 70-Jährige trägt ein Etuikleid im Hahnentritt-Muster, dazu rote Pumps. Als stellvertretende Vorsitzende des Kroatischen Kulturvereins Adrija aus Ditzingen begrüßt sie mit Küsschen Freunde und Bekannte, versorgt Gäste mit Speis und Trank – und strahlt bei allem Trubel über beide Ohren. Rund 800 Gäste sind nach Gerlingen gekommen, um kroatisch zu essen und zu trinken, sich auf Kroatisch zu unterhalten, kroatische Musik zu hören und kroatische Volkstänze zu sehen.

 

Zum 15. Mal veranstalten Katerina Muhler und ihr Verein das Fest mit dem Namen „Licka Vecer“ – die „Lickaer Nacht“. Licka, das ist eine Region im Westen Kroatiens, bekannt für ihre Lage an der Adria, aber auch für seine Karstgebirge und den größten Nationalpark des Landes, zu dem auch die Plitvicer Seen gehören – eine Kaskadenlandschaft mit sprühenden Wasserfällen und grünblauen Teichen. Ein Foto des Unesco-Weltnaturerbes bildet auch den Hintergrund auf der Bühne. „Licka ist das Land der Bären und Wölfe“, erklärt Katerina Muhler. Die Seniorin, die als Dolmescherin aktiv war, kommt aus der Region. Als junges Mädchen zog es sie in den siebziger Jahren zum Arbeiten in den Schwarzwald – wo sie ihren Mann kennenlernte, einen selbstständigen Schlosser aus Ditzingen.

Am Anfang Flüchtlinge unterstützt

Erst Anfang der neunziger Jahre, als der Jugoslawienkrieg ausbrach, gründete Muhler mit einigen Freunden den Kroatischen Kulturverein: „Ich wollte, dass die Landsleute zusammenkommen.“ Der Verein unterstützte viele der Flüchtlinge aus Kroatien, die nach Ditzingen kamen. Aber auch die Idee, Feste zu feiern, kam gut an. Reichte am Anfang für 200 Gäste noch die Hohensteinschule in Zuffenhausen, wich der Verein schon bald in die Stadthalle nach Ditzingen aus. Als auch die aus allen Nähten platzte, fand man 2011 das erste Mal Unterschlupf in Gerlingen – und ist geblieben. „Die Leute sehnen sich nach Heimat. Das bieten wir ihnen“, glaubt Katerina Muhler. Matthias Menjak ist mit seiner Frau, einer Kroatin und seinen Kindern gekommen. Sie lassen sich das typische Gericht der Region Licka, Sauerkraut, Kartoffeln und Speck schmecken.

Festgäste unterstützen Bedürftige

Auch für Drazen Boljesic, der vor sieben Jahren den Vorsitz des Kroatischen Kulturvereins Ditzingen von Katerina Muhler übernommen hat, ist das „Licka Vecer“ ein Highlight des Vereinslebens. Neben dem Sozialen ist für ihn aber auch der humanitäre Aspekt wichtig. „Wir unterstützen immer wieder Menschen in Kroatien, die in Not geraten sind, mit Geld- und Sachspenden – zum Beispiel, als es große Überschwemmungen gab“, sagt der 42-Jährige. Mit seiner Band spielt er an diesem Abend neben kroatischer Volksmusik, zu der die Gäste im Kreis tanzen, auch Pop und Rock. Was von den Einnahmen übrig bleibt, geht an Bedürftige in Kroatien, dieses Mal an einen schwerschnittgelähmten Jungen.

So ist es eigentlich eine gute Entwicklung, dass die Feste größer geworden sind. Der Mitgliederschwund des Vereins, der die Veranstaltung stemmt, macht Katerina Muhler freilich Sorge: „Wir waren mal 50, jetzt sind wir noch 35 – und davon sind viele schon älter.“ Drazen Boljesic setzt daher auf die Zusammenarbeit mit drei anderen kroatischen Kulturvereinen im Großraum Stuttgart.