Der in Hessen bei einer Großrazzia festgenommene Tunesier wird wegen eines Anschlags auf das Bardo-Museum in Tunis gesucht. Der Mann soll ein Netzwerk für Anschläge in Deutschland aufgebaut haben.

Wiesbaden - Bei einer Großrazzia in Hessen ist ein mutmaßlicher Unterstützer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) festgenommen worden, der auch wegen Beteiligung an einem tödlichen Anschlag in seinem Heimatland Tunesien gesucht wird. Der 36-Jährige soll in Deutschland ein Netzwerk für einen Anschlag aufgebaut haben, konkrete Pläne gab es noch nicht, wie die Behörden am Mittwoch mitteilten. In Berlin wurden am Vorabend drei Terrorverdächtige festgenommen.

 

Drei Terrorverdächtige festgenommen

Die Ermittlungen in Hessen richten sich gegen 16 Beschuldigte im Alter zwischen 16 und 46 Jahren, bei der Razzia wurden mehr als 50 Gebäude durchsucht. Die Behörden ermitteln wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen Terrorvereinigung und der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. In Tunesien wird laut der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen den 36-jährigen Hauptbeschuldigten „wegen der mutmaßlichen Beteiligung an der Planung und Umsetzung“ des Anschlags auf das Bardo-Musuem im März 2015 in Tunis ermittelt. Dabei starben 21 ausländische Touristen. Zu dem Anschlag hatte sich der IS bekannt. Auch im Zusammenhang mit dem Angriff auf die Stadt Ben Guerdane an der Grenze zu Libyen im März 2016, bei dem 13 Sicherheitskräfte und sieben Zivilisten getötet wurden, wird laut den deutschen Behörden in Tunesien gegen ihn ermittelt. In Deutschland wird er demnach verdächtigt, seit August 2015 unter anderem als Anwerber und Schleuser für den IS tätig gewesen zu sein. Der Mann soll laut Generalstaatsanwaltschaft zudem ein Netzwerk an Unterstützern mit dem Ziel aufgebaut haben, einen Anschlag in Deutschland zu verüben. Die Anschlagsplanung habe sich aber noch in einer frühen Phase befunden, ein konkretes Anschlagsziel habe noch nicht festgestanden.

Razzia in Moscheen, Wohnungen und Geschäftsräumen

Bei der Großrazzia durchsuchten rund 1100 Beamte 54 Wohnungen, Geschäftsräume und Moscheen in Hessen. Der Hauptbeschuldigte hatte den Ermittlern zufolge bereits von 2003 bis 2013 in Deutschland gelebt. Im August 2015 sei er als Asylsuchender erneut eingereist. Im August vergangenen Jahres wurde er demnach auf Grundlage einer Verurteilung wegen Körperverletzung von 2008 festgenommen und saß eine Ersatzfreiheitsstrafe von 43 Tagen ab. Daran schloss sich eine Auslieferungshaft an, die aber laut Generalstaatsanwaltschaft auf 40 Tage begrenzt ist. Da die tunesischen Behörden die notwendigen Papiere für die Auslieferung innerhalb dieser Frist nicht vorgelegt hätten, sei der Mann am 4. November freigelassen worden. Seither sei er „rund um die Uhr observiert“ worden. Ein Sprecher der tunesischen Justiz sagte, dass ein in deutschen Medien kolportierter angeblicher Name des Festgenommenen nicht auf der Liste der Verdächtigen nach dem Bardo-Attentat stehe. Es werde nun auf die offizielle Übermittlung des Namens aus Deutschland gewartet. „Wir stehen in Kontakt mit Interpol“, sagte der Sprecher.

Zwischenzeitliche Freilassung durch falsche Zusammenarbeit

Laut Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) war die zwischenzeitliche Freilassung keine Ermittlungspanne, sondern ein Zeichen für die mangelhafte Zusammenarbeit mit den tunesischen Behörden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, der Festgenommene sei als Asylbewerber unter einem anderen Namen eingereist, aber in den dabei vorgesehenen Verfahren aufgefallen. In Berlin wurden bereits am Dienstagabend drei Terrorverdächtige festgenommen, gegen die wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat ermittelt wird. Hintergrund sind laut Staatsanwaltschaft mutmaßliche Pläne der Männer im Alter von 21, 31 und 45 Jahren, in das syrisch-irakische Kriegsgebiet auszureisen, um sich für Tötungsdelikte ausbilden zu lassen.

Direkte Bezüge zum Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, gibt es demnach nicht. Durchsucht wurden im Rahmen der Anti-Terror-Razzia nicht nur Wohnungen, sondern auch eine Moschee in Berlin-Moabit, die auch Amri aufgesucht hatte. Dabei handelte es sich um die Fussilet-Moschee in der Perleberger Straße, die als Salafistentreffpunkt bekannt ist.