In der „Wilden Hilde“ bleibt eine Gondel in 25 Metern Höhe stecken, in der Wildwasserbahn erleidet ein Mann einen Herzinfarkt. Zum Glück ist es nur eine Übung im Schwabenpark gewesen – aber eine, die es in sich hatte.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Kaisersbach - Gegen 19 Uhr geht der Alarmruf bei der Freiwilligen Feuerwehr in Kaisersbach ein: Brand in einem Trafohäuschen im Schwabenpark, Feuergefahr unklar, Stromausfall, wahrscheinlich sind mehrere Fahrgeschäfte mitten im Betrieb stecken geblieben. Ein Horrorszenario für den Freizeit- und Vergnügungspark, der an guten Tagen bis zu 5000 Gäste zählt.

 

In Windeseile ist eine Truppe der örtlichen Löschmänner einsatzbereit. Bereits wenige Minuten später treffen ein Mannschaftstransportwagen und zwei Löschfahrzeuge mit insgesamt etwa 15 Mann im knapp fünf Kilometer vom Feuerwehrhaus entfernten Teilort Gmeinweiler ein. Auch die Kollegen in Alfdorf und Welzheim sind verständigt, ebenso die Schnelleinsatztruppe des Deutschen Roten Kreuzes und machen sich auf den Weg.

Vier Personen stecken in der „Wilden Hilde“ fest

Es ist zum Glück nur eine Übung, die den Rettungskräften am Freitagabend einiges abverlangt. Die Parkbesucher sind Statisten, Familienangehörige und Mitglieder der Jugendfeuerwehr. Wie zum Beispiel Meike und Tatjana: „Wir sind Opfer“, scherzen die beiden Kaisersbacher Feuerwehrnachwuchskräfte, 18 und 14 Jahre jung, bevor sie zusammen mit zwei Jungs in der Gondel der „Wilden Hilde“, der neusten Errungenschaft des Schwabenparks, auf deren deren höchsten Punkt rund 25 Meter nach oben gefahren werden, um dort irgendwie von der aktiven Truppe gerettet zu werden.

Die allerdings muss dazu noch warten, bis die Kollegen aus Welzheim eintreffen, denn nur diese verfügen über ein Fahrzeug mit einer Drehleiter, die bis in solche schwindelerregenden Höhen reicht. Doch die Kaisersbacher Wehr hat am Trafohäuschen, aus dem heraus es mächtig raucht, auch genug zu tun. Nicht nur der Brand ist unter Kontrolle zu bringen, auch zum Teil leicht panische Kinder und ihre Eltern müssen aus den benachbarten Karussells in Sicherheit gebracht werden. Zudem erreicht den Einsatzleiter vor Ort die Meldung, dass ein Gast in der Wildwasserbahn einen Herzinfarkt erlitten habe und außer in der Wilden Hilde auch Passagiere im stromlosen Riesenrad auf Rettung warten.

Markus Kugler, der stellvertretende Kaisersbacher Feuerwehrkommandant, hat das Szenario entworfen und die Abbildung organisiert. Wichtig sei, dass bei der Großübung, an der alle Feuerwehren im Welzheimer Wald beteiligt sind, alles möglichst realistisch abläuft. Natürlich sei die Truppe informiert worden, dass es eine Übung geben werde – das sei schon nötig, um parallel den „Normalbetrieb“ zu gewährleisten –, mit den Details würden die Einsatzkräfte aber erst vor Ort konfrontiert. Das Motto: „Komplett selbst machen lassen, beobachten und hinterher Manöverkritik üben.“

Ernstfall passiert vor der Übung

Während am Trafohäuschen längst alles unter Kontrolle ist und auch die anderen Szenarien zufriedenstellend gelöst sind, warten Meike und Tatjana noch immer auf ihre Rettung. Mittlerweile ist die Sonne untergegangen. Mehr als eine Stunde lang stecken sie und die beiden anderen „Opfer“ jetzt in luftiger Höhe fest. Zumindest die Mädels haben eine Decke übergelegt bekommen, doch es wird zunehmend kälter. Immer wieder fährt die Drehleiter aus und ein. Anfangs muss man bei der Sicherung der Gondel improvisieren. Die muss irgendwie befestigt werden, damit sie nicht während der Personenrettung plötzlich nach unten saust. Dann gibt es Probleme mit einem Akku, der per Notstrom ermöglichen soll, dass die Sitzsicherung gelöst werden kann.

„Die haben den Wagen an der falschen Stelle platziert“, mutmaßt Günter Brecht. Der Welzheimer Architekt, der für den Schwabenpark tätig ist, war nicht nur lange Jahre selbst Feuerwehrkommandant, er war auch dabei, als man vor etwas mehr als einem Monat vor der Übung den Ernstfall geprobt hat: An der Mischung aus Achterbahn und Freefalltower war wegen eines elektrischen Fehlers tatsächlich eine Gondel stecken geblieben und vier Besucher waren vergleichsweise reibungslos von der Feuerwehr geborgen worden.

Das freilich sei nicht der Auslöser für die Übung gewesen, betont Thomas Hudelmaier, der Geschäftsführer des Schwabenparks. Die Übung sei schon viel länger geplant gewesen. Bis auf das eine Mal habe man in der 48-jährigen Parkgeschichte zum Glück noch nie die Feuerwehr benötigt, sagt er. Natürlich komme in einem Betrieb wie diesem immer mal etwas vor: mal rutsche jemand aus, mal werde jemandem schlecht oder die Rettungskräfte kämen wegen einer allergischen Reaktion nach einem Bienenstich zum Einsatz. „Etwas richtig Gravierendes ist aber nie gewesen – und wir hoffen dass es auch so bleibt“, sagt Hudelmaier.

Die Rettungskräfte sind seit Freitagabend jedenfalls auf den Ernstfall vorbereitet. Nach etwa anderthalb Stunden waren auch Meike und Tatjana wieder wohlbehalten am Boden.