Ludwigsburg darf im Jahr 2020 das Landesturnfest ausrichten, erwartet werden rund 100 000 Besucher und 15 000 Sportler. Nach der Entscheidung geben sich alle Beteiligten euphorisch – dabei wollte sich die Stadt zunächst gar nicht bewerben.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Das Landesturnfest ist eine der größten Sportveranstaltungen in Baden-Württemberg und eine der traditionsreichsten. Bis 1845 reichen die Wurzeln zurück, damals wurde in Reutlingen die Premiere gefeiert. Im Jahr 1863 gastierte die Veranstaltung erstmals in Ludwigsburg, und seit Mittwochabend steht fest: Auch die 70. Auflage wird in der Barockstadt stattfinden. Der Ausschuss für Bildung, Sport und Soziales hat entschieden, dass sich Ludwigsburg um die Ausrichtung im Jahr 2020 bewerben wird. Und bemerkenswert daran ist: Wenn sich eine Stadt bewirbt, bekommt sie auch den Zuschlag. „Das ist sicher“, sagt Wolfgang Drexler, der Präsident des Schwäbischen Turnerbundes (STB).

 

Da es sich um eine „ riesige Veranstaltung“ handle, so Drexler, suche der STB stets gezielt eine geeignete Stadt aus und bitte diese um eine Bewerbung. „Nicht jede Kommune ist in der Lage, so etwas zu stemmen.“ Wenn die ausgewählte Stadt dann, sobald alle Modalitäten geklärt sind, tatsächlich den Hut in den Ring wirft, ist damit automatisch eine Zusage verknüpft.

Für Ludwigsburg heißt das: Die Verwaltung, die hiesigen Vereine und der Turnerbund als Veranstalter werden demnächst beginnen müssen, die Großveranstaltung vorzubereiten. Vier Tage lang, vom 21. Mai bis zum 24. Mai 2020, wird der Sport das gesamte Stadtgebiet dominieren. Rund 200 Wettkämpfe sind geplant. Mit Spitzensportlern, die in ihren jeweiligen Disziplinen teilweise württembergische Meisterschaften austragen. Mit Hobbysportlern, die sich auch in Sportarten messen, die nicht unmittelbar dem Turnen zugeordnet werden, wie Schwimmen oder Radfahren.

Der Turnerbund benötigt 1600 ehrenamtliche Helfer für die Veranstaltung

Dazu kommen Schauvorführungen, Tanzevents, Konzerte, ein Auftaktfest auf dem Marktplatz, Mitmachangebote. „Vier unvergessliche Tage“ verspricht Drexler, und der Oberbürgermeister Werner Spec sieht in der Veranstaltung eine „großartige Plattform für unsere Vereine, sich mit ihren vielfältigen Angeboten zu präsentieren“. Verknüpft mit der Hoffnung auf eine „große Ausstrahlungswirkung“. Erwartet werden 15 000 Teilnehmer und rund 100 000 Besucher.

Der Stadtverband Sport hat kürzlich ausgewählte Mitgliedsvereine befragt und nach eigenen Angaben überwiegend positive Rückmeldungen erhalten. Man freue sich darauf, Ludwigsburg als „offene, gastfreundliche und bunte Sportstadt“ darstellen zu können, und die Vereine seien bereit, sich bei der Organisation einzubringen. Das wird nötig sein, denn der STB benötigt 1600 ehrenamtliche Helfer für einen reibungslosen Ablauf.

Die Stadt muss für das Fest viel Geld hinblättern

Fünf Mal schon war Ludwigsburg Austragungsort, zuletzt Anfang der 1990er Jahre. Ausgerichtet wird das Fest alle zwei Jahre, immer abwechselnd in einer badischen und einer schwäbischen Kommune. Bei aller Euphorie, die alle Beteiligten mit Blick auf 2020 verbreiten: Dass sich Ludwigsburg erneut bewirbt, war keineswegs sicher, im Gegenteil. Wie erst jetzt bekannt wurde, hatten die Stadträte die Verwaltung vor geraumer Zeit in einer nicht-öffentlichen Sitzung beauftragt, dem STB abzusagen. Damals forderte der Turnerbund von der Stadt einen gewaltigen Zuschuss, womit die städtischen Ausgaben für das Fest auf mindestens 700 000 Euro angewachsen wären. Zu viel, entschied der zuständige Ausschuss. Doch seither kam der Turnerbund dem Rathaus deutlich entgegen. Vereinbart wurde nun ein Zuschuss in Höhe von 300 000 Euro, was inklusive der eigenen Personalkosten zu Gesamtausgaben in Höhe von nur noch 400 000 Euro führt. Ein Teil davon soll über die Akquise regionaler Sponsoren wieder reingeholt werden. Mit diesen Konditionen „stehen Kosten und Nutzen in einem gesunden Verhältnis“, glaubt die Verwaltung, und die Stadträte glauben das auch: Das Votum für die Bewerbung fiel einstimmig aus.

Darüber hinaus wird das Rathaus Turnhallen und Sportplätze kostenlos zur Verfügung stellen und dabei helfen, die Sportler in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen, etwa in Schulen. Logistisch, sagt Drexler, sei das eine enorme Herausforderung. Auch die Zuschauer werden, sofern sie mehrere Tage bleiben, Übernachtungsmöglichkeiten benötigen, und das dürfte unter anderem die Hoteliers freuen. „Die Leute müssen übernachten, essen, einkaufen – die Stadt wird von dieser Veranstaltung profitieren“, sagt die Grünen-Stadträtin Elfriede Steinwand.