Ministerpräsident Kretschmann plant offenbar eine Sondersitzung, um die Spannungen in der Koalition mit der CDU zu lösen. CDU-Chef Strobl hat eine Geheimliste mit 16 Streitpunkten erarbeiten lassen.

Stuttgart - Fast drei Jahre nach Unterzeichnung des grün-schwarzen Koalitionsvertrages in Stuttgart knirscht es in der Regierungskoalition von Grünen und CDU. Nach dem die „Stuttgarter Zeitung“ bereits ein Dutzend Streitpunkte zwischen den Koalitionspartnern geschildert hatte, berichtete die „Badische Zeitung“ am Donnerstag über eine Geheimliste der CDU mit 16 Punkten, die mit den Grünen strittig sind. Innenminister und CDU-Landeschef Thomas Strobl hatte die von der CDU geführten Ministerien einzeln abgefragt und nach Konfliktpunkten gefragt – und die Ressorts lieferten. Mindestens zwei Streitpunkte betreffen die Bildungs- und Schulpolitik, so will CDU-Kultusministerin Susanne Eisenmann statt verpflichtenden Ganztagsschulen hier eine Lockerung und am Nachmittag auch flexible Betreuung statt Unterricht ermöglichen. Die Grünen lehnen das ab, aus finanziellen beziehungsweise inhaltlichen Gründen. Ein weiterer Dissens besteht im Schulleiterkonzept. Die CDU will auch die Rektoren ganz kleiner Grundschulen besser bezahlen. Den Grünen geht das zu weit.

 

Zoff selbst in der „Außenpolitik“ des Landes

Auf offener Bühne gestritten wird über mögliche Fahrverbote für die Diesel der Norm Euro 5, die die CDU verhindern will und bei Euro 4 sogar rückgängig machen will. Konfliktbeladen ist auch eine Liberalisierung des Arbeitszeitgesetzes – ein Anliegen von CDU-Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut – sowie eine Verschärfung des Polizeigesetzes. Beides stößt auf Ablehnung bei den Grünen ebenso wie der CDU-Wunsch nach einem bayerischen Familiengeld. Beim Klimaschutz werfen die Grünen der CDU eine Blockadehaltung vor und in der „Außenpolitik“ ist es als Affront empfunden worden, dass CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart kürzlich Ungarns Außenminister Peter Szijjarto von der rechtsnationalen Fidesz-Partei empfangen hat, nachdem Kretschmann ihm zuvor abgesagt hatte.

Nächste Woche geht die CDU-Fraktion „privat“ auf Reisen

Tief sind die Gräben auch in der Wohnungsbaupolitik, wo die CDU für neue Baugebiete eintritt, sowie in der Asylpolitik: eine Kabinettsvorlage von Minister Strobl zu einer Änderung der Verordnung über die Härtefallkommission liegt wegen des Vetos der Grünen auf Eis. Strobl aber sieht Änderungen angesichts des „drastischen“ Anstiegs der Härtefalleingaben von abgelehnten Asylbewerbern für dringend geboten an. Zoff gibt es auch im Bereich Wald und Wiesen: eine von der CDU gewünschte Aufnahme von Wolf und Biber ins Jagdrecht stößt auf Vorbehalte der Grünen.

Laut „Badischer Zeitung“ plant Kretschmann eine Sondersitzung der Koalitionsspitzen, um den schwelenden Streit zu klären. Gesucht werden soll eine „Paketlösung“. Einen Termin für das Treffen gibt es noch nicht, nächste Woche hat der Landtag sitzungsfrei. Außerdem fährt die CDU-Landtagsfraktion „privat“ für vier Tage nach Wien und Bratislava. Frühestens in der ersten Aprilwoche, heißt es in der Koalition, werde man sich zusammensetzen.