Die Grünen im Land gehen mit großer Geschlossenheit in die Verhandlungen über eine mögliche grün-schwarze Landesregierung. Das berichteten Teilnehmer eines Treffens der Kreisvorstände in Stuttgart.

Stuttgart - In großer Geschlossenheit ziehen die Grünen in Baden-Württemberg in die inhaltlichen Gespräche über eine grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg. Beim Treffen der Kreisvorstände der grünen Basis habe es keine kritischen Stimmen gegenüber einer gemeinsamen Regierung mit der CDU gegeben, berichten Teilnehmer des nichtöffentlichen Treffens, zu dem Vertreter aus den 46 Kreisverbänden der Grünen im Land gekommen waren.

 

Die Verbindung mit der CDU löse zwar keine Euphorie aus, doch sei allen Parteimitgliedern klar, dass es keine andere Option gebe. „Die Wunschkoalition ist eben nicht möglich“, konstatieren sie nüchtern. Wer sich bei den Grünen Sorgen um die Ausrichtung mache, kläre das intern. Geschlossenheit wird groß geschrieben. Die Kreisvorstände forderten, dass auch eine grün-schwarze Regierung die ökologische und gesellschaftliche Modernisierung vorantreibe. Die Partei müsse sich selbst treu bleiben. Es dürfe keinen „Roll back“ geben. Dennoch macht sich niemand etwas vor. Ein Koalitionsvertrag werde Kompromisse bringen, die für beide Seiten Zumutungen bedeuteten.

Konfliktpotenzial gibt es aus Sicht des linken Parteiflügels reichlich. Da wären die Bildungspolitik mit dem zentralen Punkt Gemeinschaftsschule, der Umgang mit Flüchtlingen oder aus bundespolitischer Sicht auch die Positionierung in der Diskussion um das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Das beschäftige die Mitglieder der Grünen sehr intensiv.

Die Grünen sind stolz auf ihren Verkehrsminister

Auch in der Verkehrspolitik könnte es tiefergehende Differenzen zwischen Grünen und CDU geben, sagte ein Bundestagsabgeordneter, der an dem Treffen teilnahm. Die Grünen seien schon sehr stolz auf ihren Verkehrsminister Winfried Hermann. Der ist wiederum für nicht wenige CDU-Mitglieder geradezu ein rotes Tuch.

Chris Kühn, der ehemalige Landesvorsitzende der baden-württembergischen Grünen erwartet, dass die Grünen im Land ihr Profil über den „grünen Markenkern“ hinaus weiter entwickeln. Auch er war bei dem Treffen dabei. „Wir sind keine Spartenpartei mehr. Wir müssen als neue Baden-Württemberg-Partei die ganze Breite bedienen“, sagt der Tübinger Bundestagsabgeordnete, der auch zum linken Flügel der Partei zählt.

Bundespolitisch hat Kühn wenig Bedenken, ebenso wie andere Abgeordnete aus dem Land. Unterschiedslos sehen der linke Flügel der Basis wie auch linke Bundestagsabgeordnete einen klaren Regierungsauftrag für Winfried Kretschmann. „Niemand sagt, die Grünen sollten nicht regieren“, heißt es aus Bundestagskreisen. Chris Kühn verweist auf Anton Hofreiter, den Fraktionschef der Bundestagsgrünen, der die grün-schwarzen Verhandlungen auch als richtig eingestuft habe. Kühn selbst betont, „auch auf Bundesebene ist die inhaltliche Auseinandersetzung längst wichtiger als die strategische Farbenlehre.“ Als Beleg führt er die Unterstützung der Kanzlerin durch die Grünen in der Flüchtlingsfrage an. Eine grün geführte Regierung könne Rückenwind für die Bundestagswahl 2017 bringen.

Die Verhandlungsdelegation findet Zustimmung bei den Kreisvorständen

Während Teile der CDU bereits gefordert haben, dass Baden-Württemberg im Bundesrat auf CDU-Linie abstimmen sollte, falls es zu der grün-schwarzen Regierung kommt, zeigen sich die Grünen deutlich zurückhaltender. Wenn es im Bundesrat zu strittigen Lösungen komme, müsse deutlich gemacht werden, dass es sich um Kompromisse, nicht um grüne Positionen handle, erwarten sie als Leitlinie.

Über die Flügel hinweg zeigten sich die Kreisvorstände zufrieden mit ihrer Verhandlungsdelegation für die Koalitionsgespräche. Das gesamte Sextett sei sehr gelobt worden, nicht nur Winfried Kretschmann, betont ein Teilnehmer ausdrücklich. Von großem Vertrauen in die Parteispitze berichten die Kreisvorstände. Neben Kretschmann, der Landtagsfraktionschefin Edith Sitzmann und den beiden Ministern Alexander Bonde und Winfried Hermann führen die beiden Landesvorsitzenden Thekla Walker und Oliver Hildenbrand die Verhandlungen für die Grünen. Mit Blick auf den Verhandlungspartner zeigen sich die Grünen skeptisch. Sie sehen die CDU inhaltlich nicht sehr gut aufgestellt und personell wenig geschlossen. Als Indiz führen sie an, dass die bisher achtköpfige Verhandlungsgruppe der CDU auf 18 Mitglieder aufgestockt werden soll. Die auszuhandelnden Kompromisse sollten fünf Jahre halten, nicht wenige Grünen zweifeln angesichts der momentanen Situation daran.