Netzwerken und Bier sowie Birne-Rosmarin-Limo trinken: So laufen die Gründergrillen von Start-up Stuttgart in der Bar Schankstelle ab. Am Mittwochabend war Oberbürgermeister Fritz Kuhn erstmals dabei. Ein lange herbeigesehnter Besuch.

Psychologie/Partnerschaft: Florian Gann (fga)

Stuttgart - Das Podest, von dem Fritz Kuhn seine Worte an die Stuttgarter Gründer richtet, ist etwa so groß wie vier nebeneinanderstehende Bierkästen. Die Stehtische und die Bar sind rot, grün und violett beleuchtet, Scheinwerfer lassen zusätzlich kleine Lichtpunkte über den Boden und die Gesichter der Gäste wandern. Die Bar „Schankstelle“ ist eine der hipperen Adressen in der Bahnhofsgegend und es war sicherlich nicht der übliche Auftritt für den Oberbürgermeister – aber einer, der aus Sicht der Veranstalter Start-up Stuttgart längst überfällig war. Nicht nur der Ort, auch das Redeformat ist bei Kuhn an die Start-up-Szene angepasst. Er hält zumindest so etwas Ähnliches wie einen Pitch, eine Art Verkaufsvortrag im Kurzformat. Die Gründer bekommen dabei eine Minute Zeit, um ihre Geschäftsidee vorzustellen, Kuhn begrenzt sich immerhin auf das Achtfache. Aber er ist auch nicht hier in der „Schankstelle“, um etwas zu verkaufen, sondern um seine Wertschätzung auszudrücken.

 

Das Lokal ist bis ins letzte Eck gefüllt. Als Kuhn redet, ist es so still, dass man jedes Geflüster der Zuhörer vernehmen kann. Er sagt dann Sachen wie: „Wir sind darauf angewiesen, dass junge Leute an unseren Problemen arbeiten“ oder „Geben Sie nicht auf und zahlen Sie irgendwann mal ordentlich Gewerbesteuer.“

Ein Signal von Kuhn, aber kein Zug

Hat Kuhns Pitch überzeugt? „Es ist ein wichtiges Signal, dass er gekommen ist und geäußert hat, dass ihm Start-ups wichtig sind“, sagt Christoph Röscher, Vorstand von Start-up Stuttgart. Lange habe man versucht, Kuhn zum „Gründergrillen“ zu bekommen, die ersten 69 dieser Treffen – die auf ein gemeinsames Grillen im Schlosspark zurückgehen – liefen aber ohne den Oberbürgermeister ab. Über ein Signal geht es auch jetzt offenbar nicht hinaus.

„Man spürt keinen Zug“, sagt Röscher in Richtung der Verantwortlichen Stuttgarts. Dass man untätig sei, will man sich bei der Stadt zwar nicht vorwerfen lassen. Es gebe etwa ein Gründerbüro und einen eigenen Verantwortlichen für Start-ups, heißt es von der Abteilung Wirtschaftsförderung. Aber Röscher geht es um etwas Übergeordnetes, das die verschiedenen Einzelbestrebungen in gemeinsame Bahnen lenkt. Es gebe einige private Initiativen, Aktionen an Hochschulen und Unis oder eben das Gründerbüro. Es fehle aber jemand, der alle zusammenholt. „Da würde ich mir von der Stadt Stuttgart eine treibende Rolle erwarten“, sagt Röscher. Und: „Sie hat auch eine andere Autorität als unser Verein.“

Karlsruhe: Die vorbildliche Start-up-Stadt

Andere Städte machen jedoch aus seiner Sicht vor, wie es geht. „Kommen Sie mir nicht mit Karlsruhe“, entgegnet Kuhn. Trotzdem ist es aber für die Gründer genau der Vergleich, der sich aufdrängt: Karlsruhe verfüge über zehn Gründerzentren, in denen sich Start-ups einnisten könnten, sagt Röscher. Mannheim habe immerhin sieben. In Stuttgart seien dagegen kaum Flächen zu bekommen und Zentren, wo man alle wichtigen Ansprechpartner und gleichgesinnte Start-up-Menschen treffen kann – die gebe es nicht. Dabei will Röscher die Stadt nicht schlechtreden.

Was ist die Strategie der Stadt?

Die starke Wirtschaft, viel Kultur und dazu die Gründer: „Viele würden uns um die Voraussetzungen in Stuttgart beneiden“, räumt Röscher ein. Vieles sei in Stuttgart gut. Aber ihm fehle die Klarheit, wo die Stadt in Sachen Start-ups hin will. „Wenn ich irgendwo ein zweiseitiges Dokument mit einer Start-up-Strategie der Stadt herunterladen könnte, wäre das fein“, sagt Röscher.

Doch ist Kuhns Eintauchen in die Start-up-Szene eine spürbare Annäherung zwischen Stadt und Szene? So richtig herzlich wirkte das Treffen zwischen dem Oberbürgermeister und den Gründergrill-Gästen noch nicht. Mit ernster Miene lauschte er nach seiner eigenen Rede einigen weiteren Pitches. Zwischendurch blickt er immer wieder aufs Handy. Eine halbe Stunde nach seiner Rede verschwindet er wort- und grußlos. „Wir hätten uns gewünscht, dass er noch länger bleibt“, sagt Röscher.