Die Förderung von Startups in der Ortenau fokussiert sich auf die frühen Gründungsphasen. Im seit zwei Jahren bestehenden Gründerzentrum in Offenburg ist bereits Beachtliches entstanden.

Offenburg - Eine ganze Reihe ungewöhnlicher Gründungen begegnet einem im Technologiepark Offenburg, dem Gründerzentrum der Stadt. Ungewöhnlich, weil die Lebensläufe und die Wege zum Gründen ganz besonders für die Herangehensweise der ganzen Region an das Thema Gründung stehen. Erst vor zwei Jahren ist im Landkreis Ortenau die Initiative startUp.connect entstanden, die unter dem Dach der Wirtschaftsregion Ortenau (WRO) die Aktivitäten rund um Gründungen und Startups für den ganzen Landkreis bündelt.

 

Seit 2017 ist hier Beachtliches entstanden: von der startUp.connect Night über den Black Forest Hackathon, den Black Forest Accelerator bis hin zu startUp meets Corporate Pitches. „Wir haben gemerkt, dass das reine Angebot von Räumen einfach nicht ausreicht, weil viele Gründungen gar nicht soweit kommen, dass sie sich Räume mieten können“, sagt Florian Appel, Leiter der Ortenauer Gründerinitiative startUp.connect. „Wir holen potenzielle Gründungen bereits sehr früh ab, indem wir in der Region für das Thema sensibilisieren und Interessierte dann mit Hackathon und Accelerator angeboten aktivieren.“ Die Unternehmen der Region und die Hochschule sind vom Erfolg des Konzeptes offenbar überzeugt, die Kooperationsbereitschaft sei entsprechend hoch, berichtet Appel.

Startups in der Ortenau haben regionale Lebensläufe

Das führt zu Geschichten wie denen von Jérôme Klausmann oder Stanislav Schmidt. Beide haben nicht die klassischen Lebensläufe von hippen Startup Gründern mit Studium, mehreren Gründungen und großer Internationalität. Beide haben eine Ausbildung absolviert, Schmidt als Informatiker und Softwarearchitekt, Klausmann als Fensterbauer, mittlerweile studiert er Wirtschaftsingenieurwesen parallel zur Gründung.

Klausmann arbeitet am Onlineportal Fensterhelfer (www.fensterhelfer.de), das eine Schnittstelle zwischen lokalen Fensterbauern und Kunden darstellen soll. Da er selbst aus der Branche und einem Fensterbaubetrieb kommt, kennt er die Bedürfnisse beider Zielgruppen sehr gut. Er hat sein Geschäftsmodell zuerst im Black Forest Hackathon und dann im Black Forest Accelerator geschärft.

Das Portal ist weitgehend fertig und bereits im Testbetrieb für die Region Ortenau. Klausmann selbst sitzt neben einigen anderen Frühphasengründern im Coworking Space im TechnologiePark in Offenburg. „Die Zusammenarbeit“, erzählt er, „ist großartig. Dadurch, dass hier so viele Gründer nebeneinander arbeiten, werden auch selbst Herausforderungen gemeinsam besprochen und gelöst.“

Softwaretool für Kulturmanagement in Unternehmen

Stanislav Schmidt hat einen ähnlichen Weg hinter sich: Auch er hat – allerdings noch mit einer anderen Idee und schon vor einem Jahr – im Black Forest Accelerator teilgenommen. Dort hat er seinen heutigen Geschäftspartner, Mentor und Business Angel Swen Laempe kennengelernt und mit seinem Input wurde aus der einen Idee schnell eine andere Idee.

Die beiden entwickeln mit Relation5.net (www.relation5.net) ein Softwaretool für besseres Kulturmanagement in Unternehmen. Dafür hat er seine bisherige Softwareentwicklungsfirma Unlimited Softworks hintenangestellt. „Auf den fünf Dimensionen Kultur, Kommunikation, Information, Vereinbarung und Verhalten können Unternehmen nicht nur ihre Firmenkultur sichtbarer und besser lebbar machen, sondern erhalten darüber hinaus auch ein Steuerungstool, um kontrollierten Kulturwandel zu ermöglichen“, beschreibt er die Vorteile von Relation5.net.

Auch Sebastian Spannagl ist mit mehreren Ideen unterwegs. Gemeinsam mit seinem Vater baut er ein Sourcingunternehmen (www.spannagl-werkzeugservice.com) für hochwertige Kunststoffspritzgusswerkzeuge aus China aus. Während sein Vater in China die Lieferungen und die und Qualität sicherstellt, betreut Spannagl selbst die Kunden in Europa. Aus dem letzten Black Forest Accelerator ist auch er mit einer weiteren Idee gekommen, an der er parallel weiterarbeitet. „Für mich und mein Arbeiten ist das Coworking hier viel besser als ein einzelnes Büro“, sagt Spannagl, „hier ist der Austausch, aber auch der Zusammenhalt viel größer.

Region als gründerfreundlich prämiert

Ursprünglich nicht im TechnologiePark Offenburg saß Alexander Feldberger mit dem bereits mehrfach ausgezeichneten Angebot famigo (www.famigo.info). „Wir wollen sichtbar machen, was in Kommunen alles für Familien angeboten wird“, so Feldberger, „schließlich werden die wahrgenommene Familienfreundlichkeit und die tatsächlichen Angebote immer mehr zu wichtigen Standortfaktoren und Entscheidungskriterien bei der Fachkräftegewinnung.“

Ein regelmäßiger Gast im TechnologiePark war er trotz des eigentlichen Sitzes in Kenzingen, einer Kleinstadt im Nachbarlandkreis Emmendingen. „Atmosphäre und Miteinander sind dafür der Grund“, meint er. Im Juni ist er dann mit famigo im TechnologiePark eingezogen.

Die Auszeichnung der Region als Landessieger in der Kategorie „Interkommunale Projekte“ beim Wettbewerb „Gründerfreundliche Kommune“ des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg erscheint durchaus berechtigt. Zumindest sind sich die Akteure in der Region da sehr einig.

Der Gastautor Moritz Meidert

Meidert ist „Kapitän“ des bundesweit tätigen Gründerservice-Unternehmens Gründerschiff mit Sitz in Konstanz. Nach dem Studium in Konstanz und Friedrichshafen hat er nach einer gescheiterten Unternehmensgründung, mehreren weiteren Gründungen sowie einiger Erfahrung als Gründungsberater 2014 das Gründerschiff gestartet.

Das Gründerschiff begleitet mit regionalen Gründerschiff-Lotsen neben Unternehmensgründern auch kleine und mittlere Unternehmen bei Innovationsprojekten sowie Vorhaben, die den Gründergeist der eigenen Mitarbeiter fördern sollen. Außerdem bestehen Kooperationen mit Hochschulen, Kommunen und Landkreisen.

Ziel ist es, Angebote für Gründer im Land besser zu verbreiten. Das Gründerschiff macht nach eigenen Angaben mehr als 8000 Angebote im Jahr für Gründer und deckt Regionen abseits der Metropolen ab.