Der Landesverband ist in der Bundespartei zuletzt unter Druck geraten. Nun wollen sich die Südwest-Grünen ganz auf die nächsten Wahlen konzentrieren. Und zeigen, dass sie auch nach 2016 im Land weiter regieren können.

Am kommenden Wochenende trifft sich die südwestdeutsche „Tea Party“ zu ihrem Parteitag in Esslingen. „Tea-Party“? Nun ja, es handelt sich um die Grünen – eine gemeinhin als staatstragend und alles in allem recht brav wahrgenommene politische Gruppierung, die im wenig revolutionären Baden-Württemberg seit zweieinhalb Jahren sogar die Regierungsgeschäfte führt. Als „Tea Party“ sieht sich der Landesverband indes parteiintern geschmäht, nachdem er mit dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann an der Spitze das für die Grünen unbefriedigende Abschneiden bei der Bundestagswahl zu einer Abrechnung mit einer vermeintlich wirklichkeitsfremden, linken Wahlkampfstrategie genutzt hatte. Die Partei sei aus der Spur geraten, beanstandete Kretschmann unter anderem. Dieser Befund wurde bei den Grünen außerhalb Baden-Württembergs nicht überall goutiert. Befremdet erkannte man scheinbar außer Kontrolle geratene Besserwisser-Realos am Werk.

 

Gut möglich, dass das aus der Spur geratene Verhältnis der Landes-Grünen zur Bundespartei auf dem Esslinger Parteikonvent zur Sprache kommt. Mit Begriffen wie „Tea Party“ gehe man in einer Partei nicht miteinander um, kontert der scheidende Landesparteichef Chris Kühn. Keineswegs seien die Landes-Grünen isoliert. „Wir spielen in der Bundespartei eine wichtige Rolle.“

Der Zauber des Anfangs ist verblasst

Vor allem aber will man sich auf dem Parteitag der Halbzeitbilanz der grün-roten Koalition widmen. Zu diesem Thema werden Regierungschef Kretschmann sowie der Bundesvorsitzende Cem Özdemir reden. Der Grünen-Landeschef Kühn wie auch die Co-Vorsitzende Thekla Walker stellen sich demonstrativ hinter Kretschmann: „Er hat immer die volle Unterstützung sowohl der Mitglieder des Landesverbandes als auch der Landesvorsitzenden.“ Es werde auf dem Parteitag „eher Jubelstürme als Kritik“ an Kretschmann geben. Kritische Töne schlägt freilich Thekla Walker in ihrem Delegiertenbrief für ihre Wiederbewerbung um den Landesvorsitz an: „Als Regierungspartei liegt der Zauber des Anfangs hinter uns, die hohen Erwartungen hingegen sind geblieben und konnten nicht immer erfüllt werden.“

Kühn muss den Landesvorsitz abgeben, weil er inzwischen im Bundestag sitzt und für die Parteispitze der Landes-Grünen noch immer eine strikte Trennung von Amt und Mandat gilt. Um seine Nachfolge bewirbt sich der Parteilinke Oliver Hildenbrand vom Kreisverband Main-Tauber. Auch Schatzmeister Harald Dolderer gibt sein Amt auf – eine „historische Zäsur“, wie Parteichef Kühn mit milder Ironie anmerkt. Dolderer hütet immerhin seit 1990 die Kasse des Landesverbands. An seine Stelle soll Wolfgang Kaiser vom Kreisverband Schwarzwald-Baar treten. Um ein Ticket für die Liste zur Europawahl im nächsten Jahr bewirbt sich unter anderen Niombo Lomba vom Kreisverband Stuttgart.