Sachsen steuert auf eine Kenia-Koalition zu. Der Grüne Spitzenmann Wolfram Günther nennt Knackpunkte in den Verhandlungen und dementiert, dass Bundesgrüne zu den Gesprächen „entsandt“ werden.

Dresden - Eigentlich sollte ihr Wahlergebnis zweistellig ausfallen, aber auch mit 8,6 Prozent sind Sachsens Grüne am Tag nach der Landtagswahl zufrieden. Ihnen kommt nun die Rolle des Königmachers zu, denn Schwarz-Rot hat in Sachsen keine Mehrheit mehr und sowohl CDU als auch SPD sind bereit, die Grünen mit ins Boot zu holen und eine Kenia-Koalition zu bilden. Im Gespräch mit unserer Zeitung hat der grüne Spitzenkandidat Wolfram Günther (Jahrgang 1973) einige Knackpunkte genannt, die für die Ökopartei wichtig sind. Man wolle einen „neuen Politikstil“ im Freistaat Sachsen, sagte Günther, der gelernter Bankkaufmann und Jurist ist.

 

Die CDU regierte wie im Obrigkeitsstaat

„Wir hatten hier 40 Jahre DDR-Regime und danach folgten 30 Jahre CDU-Regierung. Natürlich kann man beide Regierungsstile nicht direkt vergleichen, aber auch unter der CDU ist mit Methoden des Obrigkeitsstaates regiert worden.“ Die CDU habe den Menschen den Eindruck vermittelt, „der starke Staat“ könne alle Probleme lösen. Damit müsse Schluss sein. „Wir wollen die Menschen mitnehmen bei Entscheidungen, sie müssen sich einbringen können, wir wollen die Zivilgesellschaft stärken.“ Ein konkretes Beispiel sei, wie mit dem Strukturwandel in der Kohleregion Lausitz umgegangen werden soll: „Da sollte nicht in Dresden oder Berlin entschieden werden, welche Unternehmen da angesiedelt werden, das sollte vor Ort mitbestimmt werden.“ Da müsse eine Form gefunden werden, die über die bisherigen „Bürgerbeteiligungsformen“ hinausgehe.

Streitpunkt könnte die Energiepolitik werden

Beim CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer könnten die Grünen damit offene Türen einrennen, denn auch er hat eine stärkere Bürgerbeteiligung gefordert. Ein Streitpunkt in den Kenia-Verhandlungen aber könnte die Energiepolitik werden. Noch gibt es 25.000 Jobs in Sachsen, die direkt oder indirekt am Braunkohlebergbau hängen. Die Grünen, so Kretschmer, wollten den gewünschten früheren Kohleausstieg nicht unbedingt an eine Jahreszahl binden: „Aber Sachsen braucht jetzt dringend den Einstieg in die Erneuerbaren Energien, wir sollten mit ihnen bis 2030 vollständig unseren Energiebedarf decken. Und wir wollen, dass es mit der Braunkohle nach unten geht.“ Der Freistaat habe bei den Erneuerbaren Energien großen Nachholbedarf, und es sei ein Umdenken in der Sachsen-CDU erforderlich: „Bisher sind CDU-Politiker noch übers Land gefahren und haben gegen Windkrafträder protestiert.“ Das gehe künftig nicht mehr.

Günther dementierte einen Bericht der „Dresdner Neuen Nachrichten“, wonach zwei Mitglieder des Grünen-Bundesvorstandes nach Dresden geschickt werden sollen, um die angeblich unerfahrenen Politiker Günther und Katja Meier bei den Koalitionsverhandlungen zu unterstützen. „Wir führen unsere Verhandlungen selbst“, sagte Wolfram Günther. Aber es gebe eine „enge Abstimmung“ mit den Grünen in Berlin.

Ganz so einfach könnten die Koalitionsgespräche übrigens nicht werden. Zwar gilt Michael Kretschmer als aufgeschlossen, allerdings hat Kretschmer selbst einmal gesagt, dass 90 Prozent in der konservativ geprägten Sachsen-CDU eigentlich gegen eine Koalition mit den Grünen seien.