Bis 2006 betrug der Satz für die Grunderwerbsteuer in allen Bundesländern 3,5 Prozent vom Kaufpreis. Mit der Föderalismusreform kam die Erhöhungswelle. Nach Meinung von Forschern treffen höhere Sätze besonders junge Familien.

Berlin - Lange war die Steuer für Immobilienkäufer eine verlässliche Größe. Bis 2006 betrug der Satz für die Grunderwerbsteuer in allen Bundesländern 3,5 Prozent vom Kaufpreis. Seitdem ist es zu einer Erhöhungswelle gekommen. Denn mit der Föderalismusreform erhielten die Bundesländer die Möglichkeit, die Höhe der Steuer in eigener Regie festzulegen. Davon machen die Landesregierungen rege Gebrauch. Zum 1. Januar 2014 will Berlin die Steuer für Immobilienkäufe von fünf auf sechs Prozent anheben. Spitzenreiter ist bald Schleswig-Holstein, wo die Steuer zum Jahresbeginn auf 6,5 Prozent steigen soll. In Baden-Württemberg fand die letzte Erhöhung im November 2011 statt. Seitdem gilt ein Satz von fünf Prozent.

 

Ein Prozentpunkt mehr oder weniger macht bei einem Bauvorhaben viel aus. Wer beispielsweise in Berlin vor drei Jahren eine Eigentumswohnung für 340 000 Euro kaufte, musste 15 300 Euro an den Staat abführen. Vom nächsten Jahr an kassieren die Finanzämter in der Hauptstadt für eine Wohnung mit demselben Wert bereits 20 400 Euro. Das ist eine satte Verteuerung von rund 5000 Euro. Die steigenden Immobilienpreise sind in diesem Vergleich noch nicht berücksichtigt.

Andreas Zehnder, Vorstandsvorsitzender des Verbands der privaten Bausparkassen, hält die Belastung der Häuslebauer für falsch: „Wir sehen den Erhöhungswettlauf der Bundesländer mit Sorge.“ Zehnder befürchtet, dass Steuererhöhungen vor allem Schwellenhaushalte treffen, die die Finanzierung der eigenen vier Wände nur mit Mühe stemmen. „Die Häuslebauer werden von denen abkassiert, die bei anderer Gelegenheit beklagen, dass zu wenig gebaut wird“, meinte Zehnder. Nach einer Untersuchung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) belaste die Grunderwerbsteuer in erster Linie Familien, die in besonderem Maß Wohneigentum bildeten.

Die Länder finanzieren die Schuldenbremse mit der Steuer

Die Politik hat die Grunderwerbsteuer als dankbare Einnahmequelle entdeckt. Ein Grund für die Anhebungen ist die Schuldenbremse, die von den Ländern verlangt, dass sie bis 2020 einen Etat ohne neue Schulden vorlegen. Aus Sicht der Politik eignet sich die Steuer für Erhöhungen, weil der Kreis der Betroffenen zunächst überschaubar ist. Die Grunderwerbsteuer zahlen nur diejenigen, die ein Grundstück, eine Wohnung oder ein Haus erwerben. Mit welchem Betrag die Steuer zu Buche schlägt, erfahren die meisten Menschen erst bei Gesprächen mit der Bank.

Für den Fiskus erweist sich die Steuer als sehr ergiebig. Nach den Zahlen des Bundesfinanzministeriums flossen den Ländern 2011 noch 6,4 Milliarden Euro aus dieser Quelle zu. In diesem Jahr dürften es laut Steuerschätzung schon 8,3 Milliarden Euro sein. Damit ist das Aufkommen größer als der Zufluss aus Erbschaftsteuer, Lotteriesteuer und Biersteuer zusammen. Die Grunderwerbsteuer zählt zu den wichtigsten Größen der Länderfinanzminister.

In Baden-Württemberg rechtfertigte die grün-rote Landesregierung die Erhöhung damit, dass die Bildungsausgaben erhöht werden sollten. Nach Auskunft des Stuttgarter Finanzministeriums sei dieses Kalkül aufgegangen. Wegen der Erhöhung flossen dem Land im Jahr 2012 rund 314 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen zu. Im ersten Halbjahr 2013 waren es schon 193 Millionen Euro. Der Geldsegen erweist sich als verlässlich. Monat für Monat steuern Immobilienkäufer rund 100 Millionen Euro zum baden-württembergischen Steueraufkommen bei.

Bayern und Sachsen werden für ihre Zurückhaltung gelobt

Der Verband der privaten Bausparkassen lobt dagegen Bayern und Sachsen für ihre Zurückhaltung. Diese beiden Länder hätten die Steuersätze seit mehr als einem Jahrzehnt nicht verändert. Die Häuslebauer zahlen dort nach wie vor einen Steuersatz von 3,5 Prozent. Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern sind die Länder mit den höchsten Einnahmen aus dieser Steuerart.

Die Wissenschaftler des RWI-Instituts befürchten, dass es wegen des Spardrucks der Länder künftig zu weiteren Steuererhöhungen kommen wird. Die Forscher halten Steuersätze von zwei bis drei Prozent für vertretbar. Dieser Rahmen werde aber mit einem Satz von fünf Prozent, der mittlerweile in vielen Ländern gilt, deutlich überschritten.

Die Bausparkassen empfehlen ihren Kunden, die steigenden Nebenkosten beim Immobilienkauf zu beachten. „Nebenkosten sind keine Nebensache“, heißt die Empfehlung der Berater. Die Richtigkeit der Regel zeigt sich nicht nur an der steigenden Steuerlast. Auch der Gang zum Notar hat sich verteuert.