Vielerorts ist die Sorge groß, dass die neuen Varianten des Coronavirus sich noch schneller verbreiten könnten. Im Südwesten wird dennoch über eine Lockerung bei Kitas und Grundschulen beraten.

Stuttgart - Das Land Baden-Württemberg will heute über die Wiedereröffnung von Grundschulen und Kitas von Montag an entscheiden. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) wollen am Vormittag (10.45 Uhr) verkünden, ob es zu der Lockerung des Corona-Lockdowns kommt. In Baden-Württemberg gehen etwa 450 000 Kinder in Kitas und rund 382 000 besuchen eine Grundschule.

 

Kretschmann hatte sich zuletzt skeptisch gezeigt, weil die Infektionszahlen noch nicht belastbar nach unten gingen. Eisenmann, die auch CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl ist, dringt vehement auf eine Öffnung im Sinne der Kinder. Sie wollte Grundschulen und Kitas eigentlich schon am vergangenen Montag öffnen - „unabhängig von den Inzidenzzahlen“. Im Südwesten gibt es in den weiterführenden Schulen bis Ende Januar Fernunterricht. Ausnahmen gelten für Abschlussklassen.

Kretschmann und Eisenmann wollten sich am Mittwochabend per Videoschalte mit Virologen, Epidemiologen und Kinder- und Jugendmedizinern beraten. Zuletzt hatte es immer wieder geheißen, Schulen seien zwar keine Treiber der Pandemie, sie seien aber Teil des Infektionsgeschehens. Unklar ist, auf welcher Zahlenbasis das Land entscheiden will. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Dienstag gesagt, vor Anfang nächster Woche werde es keinen klaren Überblick über die Infektionszahlen nach dem Jahreswechsel geben.

Auch in anderen Bundesländern sind teilweise Schulen und Kitas grundsätzlich offen

Mit einer Lockerung würde Baden-Württemberg, das in vielen Bereichen einen strengen Corona-Kurs fährt, einen Sonderweg beschreiten. Bund und Länder hatten Anfang des Jahres den Lockdown auch an Schulen und Kitas bis Ende Januar verlängert. Allerdings sind die Länder für die Bildungspolitik zuständig und der Beschluss der Ministerpräsidenten und der Kanzlerin lässt ihnen Spielraum. Demnach ist Präsenzunterricht möglich, wenn die Präsenzpflicht ausgesetzt ist. Das ist in Baden-Württemberg schon seit Sommer der Fall.

Auch in anderen Bundesländern sind teilweise Schulen und Kitas grundsätzlich offen, aber eher als erweiterte Notbetreuung. Die Präsenzpflicht ist ausgesetzt oder Eltern werden gebeten, ihre Kinder nicht zu bringen - so etwa in Hessen. So umging man es, Ausnahmeregeln für bestimmte Berufsgruppen zu schaffen für eine Notbetreuung.

Monika Stein, Landeschefin der Bildungs-Gewerkschaft GEW, sagte: „Alle wünschen sich, wieder in den Kitas und den Klassenzimmern sein zu dürfen. Wenn das aber aufgrund der Infektionszahlen oder aufgrund der Gefahr durch neue Virusvarianten nicht möglich ist, müssen leider Kitas und Schulen geschlossen bleiben.“ Um überhaupt wieder in Kitas und Schulen zurückkehren zu können, müssten Gruppen und Klassen geteilt werden können, forderte Stein. Dafür brauche es mehr Personal.

Die Gewerkschaft Verdi forderte, die Notbetreuung in Kitas und Grundschulen wie in vielen anderen Bundesländern zu verlängern. Eine uneingeschränkte Öffnung von Montag an lehne man ab. Verdi-Landesbezirksleiter Martin Gross erklärte: „Was ab Montag auf die Kolleginnen und Kollegen bei einer Vollöffnung zukäme, wäre auch in der Abwägung mit der Not von Kindern und Eltern derzeit nicht zu verantworten.“