Bundesfinanzminister Olaf Scholz kommt in Sachen Grundsteuer-Reform erneut mit seinen Länderkollegen zusammen. Die Verhandlungen sind so kompliziert wie die Materie, um die es geht.

Berlin - Anfang Februar schien es noch so, als sei eine Einigung zum Greifen nahe. Inzwischen stellt sich die Lage wieder ziemlich kompliziert dar. Die Politik muss die Grundsteuer auf Geheiß des Verfassungsgerichts überarbeiten. Ein Überblick.

 

Was ist überhaupt die Grundsteuer?

Die Grundsteuer ist eine Steuer auf den Besitz von Grundstücken und Gebäuden. Aber auch Mieter sind von ihr betroffen, denn die Immobilienbesitzer wälzen diesen Posten über die Betriebskosten um. Das macht die Reform politisch heikel: Insbesondere in den Groß- und Universitätsstädten ist Wohnen in den vergangenen Jahren ohnehin schon deutlich teurer geworden. Es geht darum, einen weiteren Kostenschub zu vermeiden. Die Einnahmen aus der Grundsteuer gehen komplett an die Kommunen. Das Aufkommen lag zuletzt bei rund 14 Milliarden Euro.

Warum ist eine Reform notwendig?

Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Frühjahr eine Überarbeitung des Systems bis Ende 2019 angemahnt. Für die konkrete Umsetzung bleiben dann fünf Jahre Zeit. Die Richter bemängelten, dass die so genannten Einheitswerte, die zur Berechnung der Steuer herangezogen werden, nicht mehr die tatsächliche Entwicklung an den Immobilienmärkten widerspiegeln. Im Westen gelten Einheitswerte von 1964, im Osten sogar von 1935.

Wie ist der Stand der politischen Debatte?

Bei einem Treffen Anfang Februar war Scholz der Union und einigen Länderkollegen weit entgegengekommen. Er schwächte seine ursprünglichen Pläne ab, die Grundsteuer künftig jeweils aus der Nettokaltmiete, der Wohnfläche, dem Baujahr des Hauses, der Grundstücksfläche und dem regionalen Bodenrichtwert berechnen zu lassen. Ein Hausbesitzer aus dem teuren Stuttgart wäre so deutlich stärker zur Kasse gebeten worden als einer aus dem menschenleeren Oderbruch an der Grenze zu Polen. Das lehnten die Union und mehrere Länder aber ab und argumentierten, das Wohnen in gefragten Lagen so noch teurer werde. Außerdem sei der bürokratische Aufwand viel zu groß. In Konkurrenz zum Scholz-Modell stand eines, das sich ausschließlich an der Fläche der Immobilie orientierte. Als die Finanzminister Anfang Februar auseinandergingen, hatten sie sich grundsätzlich auf einen Ansatz verständigt, der den aktuellen Wert einer Immobilie zumindest näherungsweise berücksichtigt. Es soll aber ein vereinfachtes Verfahren geben, das grob die Grundstückswerte, das Alter von Gebäuden und die durchschnittlichen Mieterträge anhand von öffentlich verfügbaren Daten in Rechnung stellt. Das Aufkommen aus der Grundsteuer soll insgesamt konstant bleiben.

Bedenken aus den Ländern

Warum gibt es jetzt wieder Ärger – und ist am Donnerstag mit einem Durchbruch zu rechnen?

Mehrere Länder haben in den vergangenen Wochen wieder Bedenken angemeldet. Noch immer gibt es die Sorge, dass die Bürger am Ende mehr zahlen müssen und der bürokratische Aufwand zu groß sein wird. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte den Bundesfinanzminister sogar auf, eine Denkpause einzulegen. Baden-Württemberg gehört zu jenen Ländern, die sich dafür stark machen, auf der Grundlage der vorliegenden Eckpunkte nach einer Lösung zu suchen. „Von sehr unterschiedlichen Ausgangspositionen haben wir uns Stück für Stück aufeinander zu bewegt. Das dürfen wir nun nicht leichtfertig und kurzerhand über Bord werfen“, sagt Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne). Am Donnerstag müsse unbedingt ein Durchbruch gelingen. In Regierungskreisen in Berlin hieß es, es seien nach dem Treffen vermutlich noch weitere Beratungen notwendig.

Welche Rolle spielen die Kommunen bei alldem?

Sie sitzen nicht mit am Tisch, haben aber gewichtige Interessen. Denn die Grundsteuer stellt eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen dar. Laut den Eckpunkten von Anfang Februar sollen auch die Kommunen dafür Sorge tragen, dass es nach einer Reform zu keinen Mehrbelastungen für die Bürger kommt. Die Städte und Gemeinden haben nämlich über den kommunalen Hebesatz einen beträchtlichen Einfluss auf die Höhe der lokalen Grundsteuer. Kommunen, in denen die Immobilienpreise hoch sind, müssten nach der zuletzt diskutierten Berechnungsmethode gegebenenfalls ihre Hebesätze senken, um einen Kostenschub für Hausbesitzer und Mieter zu vermeiden. Im Gespräch ist gegenwärtig, den Kommunen die Möglichkeit einzuräumen, einen eigenen Hebesatz auf unbebaute Grundstücke zu verlangen. Damit ließe sich ein Anreiz für den Bau neuer Wohnungen schaffen.