Die Stadt will dem Gemeinderat einen Neubau des Geschwister-Scholl-Gymnasiums vorschlagen. Eine Entscheidung soll noch in diesem Quartal fallen. Die Freude im Bezirk ist groß – doch einige Stadträte müssen noch überzeugt werden.

Sillenbuch - Ulrich Storz ist hocherfreut. „Die Herzen schlagen höher“, ruft er beinahe schon. Der Sprecher der SPD-Fraktion im Bezirksbeirat spricht davon, dass die Stadt in Sachen Geschwister-Scholl-Gymnasium (GSG) eine Marschrichtung festgelegt hat. Jahrelang ist im Bezirk diskutiert worden, ob das größte Gymnasium Stuttgarts kernsaniert oder aufgegeben und an anderer Stelle neu errichtet werden soll. Bereits 2008 ist dokumentiert worden, dass die Einrichtung dringend sanierungsbedürftig und zu klein für die knapp 1000 Schüler ist. Nun stehen die Zeichen auf Neubau. „Die Verwaltung erarbeitet derzeit eine Gemeinderatsvorlage, die einen Grundsatzbeschluss zugunsten eines Ersatzneubaus vorsieht“, teilte ein Rathaus-Sprecher jüngst mit. In diesem Quartal soll im Gemeinderat eine Entscheidung herbeigeführt werden.

 

Im Bezirksbeirat ist die Freude groß – immerhin hatte sich das Gremium bereits vor mehr als einem Jahr einhellig für den Neubau ausgesprochen. „Der Beton ist 40 Jahre alt. Wenn man unten rechts bohrt, hört man es oben links“, sagt Manfred Riesle (SÖS/Linke-plus). Die Lärmbelastung wäre für die Schüler unzumutbar gewesen.

Im Winter bildet sich Eis im Klassenzimmer

Knut Krüger (FDP) war bis vor sieben Jahren Lehrer am GSG. Wenngleich er grundsätzlich einen Abriss und Neubau an derselben Stelle mit einer Erweiterung in Richtung Rektorat besser fände, betont er: Ohne Neubau geht’s nicht. Er berichtet von Wintern, in denen sich trotz aufgedrehter Heizung Eis an Stahlträgern in Klassenzimmern gebildet habe. Daher sei die Entscheidung gegen die Kernsanierung „sehr, sehr gut. Ich bin nur entsetzt gewesen, dass die Grünen im Gemeinderat immer noch eine andere Meinung vertreten“.

Für deren Fraktion berichtete Beate Schiener jüngst, dass man „in Richtung Sanierung“ tendiere. Unter anderem sehe die Fraktion Potenzial im aktuellen Standort. Grundsätzlich, so Schiener, werde sie sich einem Neubau aber nicht verschließen, sollte es darauf hinauslaufen. Den Grünen im Bezirksbeirat käme dies entgegen. Laut dem Fraktionssprecher Dieter Grötzinger stellt sich dort einzig die Frage nach der Nachhaltigkeit. Sein Appell: nicht zu viel neue Fläche überbauen und das alte Gebäude einer sinnvollen Nutzung zuführen.

Die Rektorin bleibt noch skeptisch

Auch die Schüler begrüßen die Neubau-Pläne. Nike Reinöhl berichtet für die SMV, sie hätte sich nicht vorstellen können, während einer Sanierung im Haus zu lernen. „Unsere Fenster sind extrem undicht, es zieht rein, und man hört auch den Lärm von draußen“, sagt die 16-Jährige. Die Rektorin Irmgard Brendgen will noch nicht in allzu lauten Jubel einstimmen, „zu oft standen wir schon kurz davor“. Zunächst müsse der Gemeinderat dem zustimmen, was der Verwaltung vorschwebt, wobei der Elternbeiratsvorsitzende Rainer Kapp die Hoffnung hegt, dass die klare Positionierung der Stadt „bislang eher distanzierte“ Gemeinderäte überzeugen könnte. Bis dahin will auch der GSG-Abteilungsleiter Frank Löffler lieber noch die Fühler in alle Richtungen ausstrecken. Am Vorhaben, das Projekt für den Bürgerhaushalt vorzuschlagen, werde man daher nicht rütteln.

Im Gemeinderat herrscht bis dato ein uneinheitliches Bild. Bisher hatten sowohl SPD als auch SÖS/Linke-plus betont, mit der Verwaltung auf Linie zu sein. Philipp Sautter von den Freien Wählern im Bezirk glaubt, dass bei den Kollegen im Gemeinderat die Frage nach der Filderauffahrt das Zünglein an der Waage sein könnte; für die Filderauffahrt ist das städtische Grundstück reserviert. Die Trasse ist allerdings längst aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen worden. Auch die CDU hatte sich zuletzt abwartend gezeigt. Philipp Kordowich, Sprecher im Bezirksbeirat, ist jedoch „zuversichtlich, dass die Fraktion zum passenden Ergebnis kommt“. Der Bezirksvorsteher Peter-Alexander Schreck wird noch deutlicher. Die Zustimmung des Gemeinderats sieht er als sicher an, „das kann sich die CDU nicht leisten. Und die Grünen können das auch nicht“. Alle Argumente seien erschöpfend ausgetauscht.

„Hoffentlich lebt dort kein seltenes Tierchen“

Ungeachtet dessen lassen einige im Bezirk ihrer Fantasie freien Lauf. „Wie wäre es mit dem schon lange gewünschten und benötigten Bürgerzentrum mit Bezirksrathaus und Stadtteilbücherei?“, schlägt Julia Möhrmann, Vorsitzende des SPD-Ortsvereins, für das möglicherweise freiwerdende Bestandsgebäude vor. Visionen fürs Gebiet Schwellenäcker hat indes Riesle (SÖS/Linke-plus). Er sieht „große Chancen, die Energiewende voranzutreiben“, und schlägt neben dem Neubau ein Blockheizkraftwerk vor. Zunächst muss aber das Planungsrecht geändert werden. Ulrich Storz (SPD) wünscht sich, dass es dabei nicht zu bösen Überraschungen kommt: „Ich hoffe, dass dort nicht ein seltenes Tierchen lebt.“