Der Ölpreis ist binnen Wochen drastisch gefallen. Die Verbraucher können beim Tanken und Heizen massiv sparen. Doch wie lange noch? Wir klären die wichtigsten Fragen und Antworten.

Geld/Arbeit: Daniel Gräfe (dag)

Stuttgart - Damit hatten viele Autofahrer nicht gerechnet: Ausgerechnet zur Ferienzeit sind die Preise für Superbenzin und Diesel stark gesunken. Doch was steckt hinter dem Preisrutsch? Und wie lange noch macht der Tankstopp so gute Laune wie jetzt? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

 

Wie günstig ist der Sprit derzeit?

Diese Woche kostete der Liter Super E10 bisher im Bundesschnitt 1,265 Euro – ein Cent weniger als in der vergangenen Woche. Das ergibt eine Auswertung des ADAC. Der Liter Diesel verbilligte sich demnach um 1,6 Cent und lag bei 1,063 Euro. Am Mittwochnachmittag war in der Region Stuttgart der Liter Super E10 allerdings schon für knapp 1,20 Euro und der Liter Diesel für knapp einem Euro zu haben. Damit sind die Spritpreise in den vergangenen fünf Wochen im Bundesschnitt um sechs Cent für den Liter Super und fünf Cent für den Liter Diesel gefallen und sind auf dem Niveau vom April dieses Jahres. Für die Autofahrer ist das in der Hauptferienzeit ein kleines Urlaubsgeschenk.

Warum ist der Sprit so günstig?

Ein wichtiger Grund dafür ist der rückläufige Rohölpreis, nach dem sich die Preise an den Tankstellen maßgeblich richten. Kostete er für die Rohölsorte Brent Anfang Juli noch rund 50 Dollar (45 Euro) pro Barrel (159 Liter), waren es am Mittwoch gut 41 Dollar (37 Euro). Innerhalb von vier Wochen ist der Rohölpreis damit extrem um 18 Prozent gefallen. „Der Konkurrenzdruck unter den Tankstellenbetreibern führt dazu, dass die günstigeren Rohölpreise an die Autofahrer weitergegeben werden“, sagt Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbands.

Warum fällt der Rohölpreis so stark?

Derzeit übersteigt das Angebot die Nachfrage bei weitem. Das Rohöl muss auf den Markt gegeben werden, weil viele Rohölspeicher voll sind. „Teilweise gibt es sogar in den Großtanklagern an Häfen und auf Tankschiffen kaum noch Kapazitäten“, sagt Küchen. Außerdem sei in vielen Ländern die Förderung wieder gestiegen. So bringt Kanada nach den Waldbränden im Frühjahr dieses Jahres wieder verstärkt Öl auf den Markt. Nach dem Ende der Sanktionen läuft die Ölproduktion für den Export im Iran an. Hinzu kommt, dass in den USA – dem Land mit dem weltweit höchsten Spritverbrauch – derzeit weniger Sprit verbraucht wird, als Energieexperten prognostiziert hatten.

Wie wird sich der Ölpreis künftig entwickeln?

Da die Lager voll sind, kann der Öl-Überschuss nicht so schnell abgebaut werden. „Ich rechne deshalb auf absehbare Zeit mit niedrigen Preisen“, sagt Rainer Wiek vom Hamburger Energie Informationsdienst. Außerdem werde es wohl kaum eine Begrenzung der Fördermengen geben: „Die Opec fördert wie verrückt.“ Die Organisation erdölexportierender Länder, die etwa 40 Prozent der Welt-Erdölproduktion kontrolliert, ist zerstritten. Im April scheiterte auch ein Treffen wichtiger Ölfördernationen in Doha, bei dem die Fördermengen gekappt werden sollten. Außerdem ist die Produktion in den USA durch das umstrittene Fracking stark gestiegen. Unter Fracking versteht man das Ausbeuten kleiner Ölbläschen in tiefen Gesteinsschichten mit Druck und hohen Temperaturen.

Und wie sieht es in den kommenden Monaten mit den Spritpreisen aus?

Klaus Bergmann, Geschäftsführer des Öl- und Heizöldienstleisters Esyoil, rechnet mit einer ähnlichen Preisbewegung wie im vergangenen Jahr. Damals fielen die Spritpreise vom Sommer bis weit in die Wintermonate. „Die Preise fallen sogar in der verbraucherstarken Saison. Bald kommen Monate, wo die Nachfrage sinkt. Im Frühjahr aber müssen wir wieder mit steigenden Spritpreisen rechnen.“

Warum schwanken eigentlich die Spritpreise an den Tankstellen im Tagesverlauf so stark?

Das ist ein Ergebnis des intensiven Wettbewerbs vor Ort, sagt Christian Küchen vom Mineralölwirtschaftsverband. „Die Kunden verhalten sich sehr preissensibel – hier zeigen vor allem die Preisapps ihre Wirkung. Irgendwann ist ein Preisniveau erreicht, das für die Tankstellenbetreiber nicht mehr zu halten ist, und die Preise steigen wieder.“

Zu welcher Zeit sollte man tanken?

Der ADAC hat die Preisbewegungen während eines Tages genau untersucht. Demnach sind zwischen 23 Uhr nachts und 5 Uhr morgens die Preise an den Zapfsäulen bundesweit im Schnitt um elf Center höher als zum günstigsten Zeitpunkt am frühen Abend. „Deshalb sollte man nicht auf dem Weg zur Arbeit tanken, sondern auf dem Weg zurück – und auch dann die Preise vergleichen. Auch am frühen Abend gibt es noch große Unterschiede“, sagt ein Pressesprecher.

Und wie entwickeln sich die Heizölpreise?

Sie entwickeln sich ähnlich wie die Rohölpreise und sind daher in den vergangenen Wochen stark gefallen. „Wir werden über eine längere Zeit sehr attraktive Heizölpreise haben“, sagt Bergmann von Esyoil. „Heizöl ist derzeit der günstige Wärmeenergieträger.“

Sollte man jetzt Heizöl kaufen?

„Die Heizölpreise sind im Moment attraktiv, sie könnten aber noch weiter sinken“, sagt Wiek vom Energie Informationsdienst. Auch Bergmann rät, noch etwas zu warten, um das Lager zu füllen. Thomas Engelke, Energieexperte der Verbraucherzentrale Bundesverband rät, vor dem Kauf die Preise zu vergleichen. „Wenn möglich, sollten sich Nachbarn abstimmen und eine Sammelbestellung aufgeben, auch zusammenschließen, um einen besseren Kaufpreis auszuhandeln.“