Der Landtagskandidat der Alternativen für Deutschland (AfD) im Wahlkreis Kirchheim, Günter Lenhardt, hat im StZ-Interview gesagt, dem Flüchtling sei es egal, ob er an der griechischen oder deutschen Grenze sterbe. Das hat jetzt Konsequenzen.

Esslingen/Heidelberg - In einem Interview mit der StZ hat der Kirchheimer AfD-Landtagskandidat Günter Lenhardt unter anderem gesagt, es sei einem Flüchtling egal, ob er an der griechischen oder an der deutschen Grenze durch Schüsse sterbe. Seine Aussage hat Konsequenzen. Die Bundeswehr, in deren Auftrag der 58 Jahre alte Stabsunteroffizier der Reserve aus Filderstadt in der Heidelberger Landeserstaufnahmestelle (Lea) Flüchtlinge registriert hat, hat Lenhardt von seiner Aufgabe entbunden.

 

Reservist muss Dienstherrn Rede und Antwort stehen

„Herr Lenhardt ist seit gestern nicht mehr in Heidelberg. Er hat sich am Morgen zum Innendienst im Landeskommando Stuttgart gemeldet“, bestätigte der Bundeswehr-Sprecher Andreas Steffan am Dienstag. Lenhardt hatte sich in dem Zeitungsbeitrag nicht nur über das Sterben an der Grenze, sondern auch über den Schusswaffengebrauch bei deren Sicherung geäußert. Die rhetorische Frage, wozu denn eine Waffe da sei, wenn nicht zum Schießen, wird den Worten des Bundeswehrsprechers zufolge ebenfalls ein Thema bei dem Rapport sein, zu dem Lenhardt am Mittwoch befohlen ist. Dabei muss der Reservist dem obersten Dienstherrn des Landeskommandos, Oberst Dieter Bohnert, Rede und Antwort stehen.

Die Bundeswehr war von der Karlsruher Regierungspräsidentin Nicolette Kressl auf die Äußerungen Lenhardts hingewiesen worden. „Wir haben die Bundeswehr gebeten, den Vorfall zu prüfen“, bestätigt Matthias Lange, der Pressesprecher des Karlsruhe Regierungspräsidiums. Die Behörde ist für den Betrieb der im Patrick Henry Village eingerichteten Heidelberger Landeserstaufnahmestelle zuständig. Dort sind derzeit rund 2500 Flüchtlinge untergebracht, die nach der Registrierung auf die Unterkünfte im Land verteilt werden. Lenhardt war in der Röntgenabteilung der Lea mit der Aufnahme der Flüchtlingsdaten beschäftigt gewesen.

Integrationsministerium reagiert mit Befremden

Auch im baden-württembergischen Integrationsministerium waren die Aussagen des Landtagskandidaten mit Befremden zur Kenntnis genommen worden. „Wir sind froh, dass die Bundeswehr so schnell gehandelt hat“, sagt Christoph Häring, der Pressesprecher des Ministeriums. Einer inhaltlichen Wertung allerdings wolle sich die Ministerin Bilkay Öney enthalten. „Wir haben uns darauf geeinigt, dass die Bundeswehr die Kommunikation übernimmt“, sagt Christoph Häring.

Lenhardt hatte mit seinen Einlassungen auf die Worte der AfD-Bundeschefin Frauke Petry Bezug genommen, wonach ein Grenzpolizist notfalls von der Schusswaffe Gebrauch machen sollte, wenn es darum gehe, einen Flüchtling am illegalen Grenzübertritt zu hindern. Angesichts der Wellen, die seine Aussagen geschlagen haben, zeigt sich der Kandidat hin- und hergerissen. „Dass mein Name nun über den Wahlkreis hinaus in aller Munde ist, tut meinem Wahlkampf sicherlich gut“, sagt er. Allerdings verwahrt sich Lenhardt, der auch als Sprecher des AfD-Kreisverbandes Esslingen amtiert, gegen Versuche, „als schießwütiger Soldat“ dargestellt zu werden. Dennoch stehe er zu seinen in dem Text zitierten Aussagen. „Ich habe keine Problem mit dem, was ich gesagt habe. Die Bauchschmerzen haben die anderen“, sagt er. In Rücksprache mit seinem Dienstherren werde er sich allerdings bis zum Wahlsonntag nicht mehr zu dem Thema äußern.

Die Aussagen des Kirchheimer AfD-Kandidaten sind von der Öffentlichkeit vor dem Hintergrund der jüngsten Vorfälle in Sachsen besonders aufmerksam registriert worden. Nach den Unruhen rund um das Clausnitzer Flüchtlingsheim war dessen Leiter, Thomas Hetze, wegen seiner Mitgliedschaft in der AfD von seiner Tätigkeit entbunden worden. Am vergangenen Donnerstag hatte eine grölende Meute dort einen Bus mit Flüchtlingen blockiert.