Die Waiblingerinnen Silke Goll und Andrea Ertz bereichern ihre Heimatstadt mit einer Street-Art-Aktion. Dabei können Fußgänger, die durch die Gassen streifen, allerlei Miniaturszenen entdecken – mit Modelleisenbahn-Figuren als Protagonisten.

Waiblingen - Dass es in der Altstadt von Waiblingen an so mancher Stelle bröckelt und bröselt, weiß jeder, der ab und an durch die Gassen geht. Aber Silke Goll und Andrea Ertz haben obendrein herausgefunden, was die Ursache dafür ist. Nämlich Fingerhutgroße Männchen, die eifrig mit winzigen Spitzhacken an Wänden und Gebäuden klopfen und hauen. Dieser Tage sind die Waiblinger Heinzelmännchen an einer Mauer beim Bädertörle zugange und haben schon ein ansehnliches Loch ins Gemäuer geschlagen.

 

Die fleißigen „Wainzelmännchen“ vom Bau sind nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was Waiblingen in den kommenden Wochen erwartet. Denn Andrea Ertz und Silke Goll haben sich vorgenommen, noch mehr dieser Mini-Menschen in der Stadt zu platzieren. „Waiblinger Findlinge“ nennen die Frauen das Projekt, mit dem sie dazu ermuntern wollen, die Stadt aus einem anderen Blickwinkel zu entdecken.

„Das Auge schläft so lange bis der Geist es mit einer Frage weckt“, sagt Andrea Ertz. Sie und Silke Goll haben bei der Suche nach passenden Schauplätzen für ihre Szenen vieles neu entdeckt, an dem sie schon x-Mal vorbei gegangen waren: einen schönen alten Holzbalken zum Beispiel – wie gemacht dafür, eine Hängematte daran aufzuhängen und ein Wainzelmännchen darin zu platzieren. Oder einen „wunderschönen Laternenpfahl“, so Silke Goll, der gewürdigt werden sollte. Sogar ein dick mit Taubenkacke verdreckter Stromkasten löst bei den Frauen geradezu Glücksgefühle aus, denn er ist ein idealer Ort, um die Männchen vom Putztrupp in Aktion zu zeigen.

Interaktive Installationen

Die Waiblingerinnen hoffen, dass die Szenen, die sie im Laufe der Sommerferien nach und nach aufbauen, möglichst lange stehen bleiben. Und vielleicht ergänze ja sogar der eine oder die andere die Szenen noch mit eigenen Ideen oder denke sich komplett neue aus, sagt Andrea Ertz. Denn kreative und interaktive Installationen sind das Ziel, das sie und Silke Goll mit den Guerilla-Kunstaktionen des seit dem vorigen Jahr aktiven „Waiblinger Ideentauschs“ verfolgen. Mal fordern sie angesichts eines leeren Ladens Passanten auf, per Zettel am Schaufenster zu verraten, welches Geschäft in der Fußgängerzone fehlt. Oder sie schmücken einen Baum im Park mit Gedichten und inspirieren andere, ihre Gedanken zum Frühling mitzuteilen.

Bei manchen Figuren sind sich die Frauen noch nicht ganz sicher, wo sie stehen werden – schließlich sollen die Menschlein möglichst gut zum Umfeld passen. Alle Protagonisten haben die passende Größe für Modelleisenbahnen der Baugröße H 0. Sie seien eine Spende des Waiblinger Familienunternehmens Schweickhardt, das Modelleisenbahnen und Zubehör vertreibt, erzählt Silke Goll.

Leute sollen ins Gespräch kommen

„Unser Hauptanliegen ist, dass die Leute ins Gespräch kommen“, sagt Andrea Ertz. Dass das tatsächlich funktioniert, hat das Duo, das sich seit 26 Jahren kennt, gleich beim Aufbau der ersten Findlinge-Szene festgestellt. „Wir haben beim Befestigen der Figürchen jede Menge Tipps von Passanten bekommen“, erzählt Silke Goll und lacht: „Zum Beispiel, dass wir Silikon als Klebstoff nehmen sollen.“ Tatsächlich hat sich das Duo für einen Klebstoff mit guter Haftkraft entschieden, der aber keine Spuren hinterlässt. „Wir achten sehr darauf, dass wir nichts beschädigen.“