Seit zwei Wochen dürfen Buchläden wieder öffnen. Im Vaihinger Buchladen hat das Team aber noch einen anderen Grund zur Freude.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Die Buchhändler sind zur Zeit gut beschäftigt, vor allem am Telefon: „Die Leute wollen wissen, ob und wann wir überhaupt auf haben, ob wir per Click-and-collect Bestellungen aufnehmen, die an der Ladentüre abgeholt werden können. Und ob man einen negativen Coronatest benötigt, um vorbeikommen zu können“, so Uwe Meinhardt von der Sillenbucher Papyrus-Buchhandlung.

 

Fragen, die nicht mehr gestellt werden müssen, denn seit zwei Wochen können Buchhändler öffnen wie Lebensmittelgeschäfte den ganzen Tag über und – wenn es keine Ausgangssperren gibt – tief in die Nacht hinein. Es gelten eben noch die Hygiene- und Abstandsregeln und die Beschränkung der Kundenzahl im Raum. Bei Einzelbuchhändlern wie Papyrus sind das meist fünf bis acht Kunden. Doch so viele Kunden kamen bisher nicht zusammen in Buchläden, wie eine Umfrage unserer Redaktion ergeben hat. Das Durcheinander der Regelungen in den vergangenen Monaten sorge eben für Verunsicherung, so Meinhardt: „Das ist auch in kleineren Städten so. Das erfahre ich etwa von Buchhändlern aus dem Hohenlohischen“.

Lob als ausgezeichnete Lesepartner

„Das ist schon sehr deprimierend“, pflichtet Myriam Kunz ihm bei. Sie betreibt im Stuttgarter Westen das Buchstäbchen, spezialisiert vor allem auf Literatur für Kinder. Etwa zehn Veranstaltungen hat sie monatlich für dieses erste Halbjahr eingeplant, kein einziger hat stattgefunden.

Da kommt die Auszeichnung des Landes Baden-Württemberg mit dem Gütesiegel „Ausgezeichneter Lesepartner für Kinder- und Jugendliteratur“ genau richtig. 30 Buchhandlungen haben diese undotierte Auszeichnung erhalten, die sich herausragend um die Leseförderung von Kindern und Jugendlichen hervortun. Auch der Vaihinger Buchladen gehört zu den Ausgezeichneten. Birgit Närger und Helke Stadelmeier sind noch ein bisschen mehr als ihre Kolleginnen und Kollegen im Land stolz auf diese Auszeichnung. Schließlich haben sie dieses Geschäft erst vor gut zwei Jahren in leitender Verantwortung übernommen, nachdem sie zuvor dort schon viele Jahre als Mitarbeiterinnen tätig waren. Und da ist so ein Gütesiegel schon eine tolle Bestätigung.

Ein ehrliches Publikum

Und in Vaihingen wird schon früh Lust aufs Lesen gemacht, etwa mit dem Bilderbuchkino für Kinder von drei Jahren an. „Kinder sind ein sehr ehrliches Publikum“, weiß Stadelmeier aus guter Erfahrung von vielen Kino-Nachmittagen, „sie zeigen sofort, ob sie etwas interessiert oder nicht“. Nach einer knappen Stunde sei sie da schon erst mal ziemlich erschöpft. Und weiter geht es in der Alterspyramide: Geburtstage können darin gefeiert werden, Wunschboxen zusammengestellt werden, es gibt Gutscheinaktionen. Und erste Leseclubs von acht Jahren an. Da sind auch schon erste Schritte in Richtung Literaturkritiker denkbar. Denn wer will, kann da zu einem gelesenen Buch eine Rezension verfassen, die dann vorgetragen oder veröffentlicht wird. „Die Kinder kommen auch gerne zu uns ohne ihre Eltern“, weiß Närger aus Erfahrung. Denn beim Stöbern in der großen Auswahl gibt es auch immer was zu entdecken. Denn auf eine Sortierung der Bücher nach Genres wird verzichtet. Schlagworte wie Fantasy oder Dinosaurier sind freilich auch den Vaihinger Kindern bestens vertraut. Das interessanteste Buch darf jeder also selbst herausfinden.

Bald wieder Kontakte zu Schulen und Kitas knüpfen

Freilich: Das sind alles Aktivitäten aus Vor-Corona-Zeiten, die allerdings auch dank der sinkenden Werte bald wieder Realität werden können. Dann sind auch wieder die vertrauten Kontakte zu den jungen Kunden, zu Schulklassen und Kindertagesstätten möglich, denn in Sachen Leseförderung gibt es einen großen Nachholbedarf. Das ist auch eine Zielsetzung der Gütesiegel-Verleihung: „Wir brauchen ihren Einsatz als starke Partner in der Kinder- und Jugendbildung noch mehr – auch wegen des hohen Nachholbedarfs in den Familien, in denen eine Sprach- und Leseförderung zu Hause nicht geleistet werden konnte“, so die Kunststaatssekretärin Petra Olschowski.