Das Schocken ist wohl eine der bekanntesten Anlaufstellen im Stuttgarter Nachtleben. Nach vier Jahren an der Bar schneidet Thomas Stokker die Gin-Tonic-Gurken nun zum letzten Mal. In unserer heutigen Gute-Nacht-Geschichte erhebt der „Mats Hummels aus dem Schocken“ sein Glas und zieht Resümee.

Stadtkind: Laura Müller-Sixer (six)

Stuttgart – „Bunt und for free“, so beschreibt Tommy den Club Schocken – ein Mekka für Stuttgarter. Bevor der 29-Jährige dort die Cola Weizen über die Theke schob, arbeitete er an der Bar im damaligen Zapata – wo er sich schon mit Lady Gaga einen Kühlschrank teilte. Nach genau einem Arbeitsabend im Classic Rock feierte Tommy mit Freunden im Club Schocken und es gefiel ihm so gut, dass er einfach dort geblieben ist. Nur eben hinter der Bar. Nach vier Jahren im Schocken tauscht Tommy nun die Bar gegen den Fachlehrer für Kunst und Sport. Für uns hat er zurückgeblickt:

 

An der Garderobe für eine Nacht

Ich war mit Freunden feiern, die bereits im Schocken an der Bar standen. Irgendwann hatten wir leicht einen sitzen. Also bin ich zur Chefin hingegangen, die zufällig auch da war und habe gefragt, ob denn nicht ein Job frei wäre. Sie meinte „Wenn du morgen die Garderobe machst, bist du eingestellt.“ Ich dachte nach dieser Nacht echt nicht, dass ich es packe. Aber am nächsten Tag stand ich dann wirklich an der Garderobe, danach nie wieder.

Bekannt wie ein bunter Hund

Das Schocken kennt einfach jeder. Egal ob zum ersten Mal in Stuttgart, auf der Durchreise oder als Stammgast – von Arzt über Student bis hin zu Kfz-Mechaniker ist da (fast) jeder schon einmal abgestürzt. Das Tolle ist, dass hier teilweise Menschen aus der ganzen Welt zusammenkommen, um miteinander zu feiern. Und so gemischt wie das Publikum, ist auch der Sound hier. Es läuft Indie, Funk, Soul, HipHop und Electro. Im Schocken wird sich nicht auf eine Richtung festgelegt. Das macht es so einmalig.

„Mats Hummels“ ist beim VfB gern zu Besuch

Klar, wandert da schon mal die eine oder andere Nummer über den Tisch – übrigens nicht nur von Frauen. Verrückt ist es, dass die Leute uns auch außerhalb des Clubs wiedererkennen. Mich haben schon so viele plötzlich auf der Straße gegrüßt: „Hey, du bist doch der Barkeeper aus dem Schocken, oder?“ Was ich mir ziemlich oft anhören musste, waren die Vergleiche mit Mats Hummels. In den vergangenen vier Jahren habe ich viele Autogramme geschrieben und Selfies gemacht. Vor allem zur EM! Einmal sollte ich in einem Video sagen: „Hier ist Mats und ich bin beim VfB gern zu Besuch.“

Alles kein Ding

In der Gastro ist es schon wichtig, ein dickes Fell zu haben. Du wirst am laufenden Band von Menschen angeschrien, die das nicht schätzen, was du gerade machst. Aber natürlich gibt es auch super coole Gäste, mit denen es Spaß macht. Aber sollte ich jetzt besondere Momente nennen, fällt mir auf die Schnelle nichts ein. Nach einer gewissen Zeit hat man halt schon einiges gesehen: Mindestens 500 Junggesellenabschiede, Drogen, Sex, pinkeln im Treppenhaus. Das ist dann alles gar nicht mehr so das riesen Ding.

Ein Wiedersehen nach Jahren

Eine krasse Situation fällt mir jetzt doch ein: Alle sechs Wochen gibt es eine Personalbesprechung. Und als wir da am Sonntagnachmittag so im Schocken stehen und erzählen, erkenne ich von drinnen, wie ein Freund, den ich seit Jahren nicht gesehen habe, gerade voll verstrahlt von der Feierei kommt und in den Brunnen kotzt. Das war echt so ein Moment, da dachte ich kurz „Wow, das kann doch jetzt nicht sein!“

„And after all…“

Vermissen werde ich vor allem meine zweite Familie –  also die Kollegen, natürlich auch das Trinkgeld und Feiern. Ich dachte mir nie: „Ach, nicht schon wieder Arbeiten statt feiern.“ Für mich lag das eigentlich alles ziemlich nah beieinander. Was ich mitnehmen werde, ist auf jeden Fall Selbstsicherheit. So schnell bringt mich nichts mehr auf die Palme. Achja, und „Wonderwall“ von Oasis als Ohrwurm auf Lebzeit – der Song kommt so gut wie immer, wenn der Club schließt.