Die WG sitzt auf gepackten Umzugskartons: Der JägerCampus verabschiedet sich am Freitag mit einer großen Party vom Hans-im-Glück-Brunnen. Vorab haben uns die vier noch ein paar Gute-Nacht-Geschichten verraten.

Stuttgart - Das war's dann also. Ein Jahr lang haben Sina, Mario, Stella und Simon mietfrei direkt am Hans-im-Glück-Brunnen gewohnt, im Gebäude, in dem auch Bergamo/Transit und die Corso Bar untergebracht sind. Möglich gemacht hat das der Kräuterlikörhersteller Jägermeister. Die vier Studenten waren Teil der zweiten Runde Jägermeister-Campus, schon zuvor hat eine WG ein Jahr lang am Brunnen gewohnt und Veranstaltungen organisiert - eine der Voraussetzungen für den Campus ausgewählt zu werden.

 

Tausende haben sich beworben, um Teil der Truppe zu werden. Kein Wunder, angesichts der Mietpreise in der Stadt. Die großangelegte Marketingaktion im Zeichen des Hirschs hat jedoch nicht in der gesamten Stadt für Begeisterung gesorgt - auch das kein Wunder. Die Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, Veronika Kienzle, hat damals sogar den Einzug ins Haus zu verhindern versucht.

"Natürlich wussten wir, dass wir uns auf ein Marketing-Projekt einer großen Firma eingelassen hatten. Wir alle hatten unsere Zweifel und Bedenken, was uns in dem Jahr erwarten wird", sagen auch die vier. Und dennoch blicken sie nun, da sie auf gepackten Umzugskisten sitzen, auf ein schönes Jahr zurück, in dem sie viel erlebt haben. "Wir sind tatsächlich Freunde geworden". Bevor nun endgültig Schluss ist mit dem JägerCampus am Brunnen und in Stuttgart, verraten die vier noch schnell ihre persönlichen, hochprozentigen Highlights.

Das Casting – Liebe auf den ersten Blick

Nach einem Skype-Interview wurden 14 Leute in den JägerCampus eingeladen. Bereits am Eingang liefen wird - Mario, Sina und Simon - uns über den Weg. Beim Casting sollten wir in Gruppenarbeit kreative Ideen sammeln, wie man das kommende WG-Leben gestalten würde. Nach einer regen Diskussion im Anschluss, bei der jeder versuchte nicht zu aufgesetzt und dennoch auffallend seine Ideen zu präsentieren, wurde Pizza vor dem Bergamo auf dem Boden sitzend verhaftet. Danach durfte jeder sein Gastgeschenk präsentieren, das einen Wert von unter 10 Euro haben musste. Stella hatte eine Pinata in Einhornform dabei und gestand damit ihre Liebe zu Süßigkeiten. Sina hatte eine selbstgebastelte Karte mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Stuttgarts dabei, sozusagen als Guide für eventuelle Übernachtungsgäste. Simon brachte als passionierter Koch (allgemeines Gelächter) ein leeres Buch für Kochrezepte mit und Mario stellte seinen selbst gebauten Werkzeugkoffer-Grill auf. Wir waren uns von Anfang an sympathisch! Offenbar kam das auch bei der Jury an, weshalb wir ein paar Wochen später die freudige Nachricht bekamen, dass wir einziehen dürfen.

Ausrasten mit Autonomics

Von den Bewohnern vor uns übernahmen wir das „CampFire“, das jeden ersten Dienstag im Monat stattfand. Wir trugen diese Konzertreihe weiter und luden verschiedene Bands ins Bergamo/Transit ein. Unser persönliches Highlight: Autonomics. Die drei Jungs aus Portland hatten mächtig Bock auf ihre Tour in Deutschland und wir trafen sie sehr müde von ihrem Gig in der Nacht zuvor an. Es sah also schwer danach aus, dass es ein eher ruhiges Konzert ohne große Aftershow sein würde - aber nach ein paar Shots war die Motivation wieder ganz oben und der Frontsänger schrieb sich „Wir wollen Jägermeister“ als Notiz auf den Unterarm. Diese Worte fielen dann gefühlt nach jedem Track, Transit-Barmann Benny schenkte Runden aus und wir versorgten auch die Gäste. Was zwischen diesen Shotrunden und der Abreise der Jungs noch so passierte, ist schwer in Worte zu fassen. Aber es gab viel schrägen Gesang, innige Umarmungen, verwirrte Gäste aus Spanien und als Sina gegen 5 Uhr morgens den Autonomics-Frontman am Hans-im-Glück-Brunnen sah, waren seine Worte nur: „Where taxi.“ Den Jungs ging es am nächsten Tag dementsprechend, konnten ihre Tour aber trotzdem erfolgreich fortsetzen. Rock'n'Roll eben!

Simon der Barkeeper

Immer wieder kam es vor, dass Leute uns in der WG besucht haben und nicht verstanden, dass es sich nicht um einen offiziellen Club handelt. Sie liefen direkt zur Bar und bestellten Drinks. Wir wiesen sie dann meist nett darauf hin, dass dies ein privater Raum sei. So lief das meistens, bis Simon eines Tages auf die Idee kam, der Situation etwas anders zu begegnen: Er band sich eine Schürze um, schnappte sich ein Geschirrtuch und polierte Gläser. Auf die üblichen Fragen nach den Longdrinks erwiderte er, weiter die Gläser polierend: „Sind leider aus, kann dir aber einen Oberförster mixen.“ Auf die Frage was das sei, erklärte er kurz, was ihm gerade so einfiel, und schenkte anschließend in alter aber eher offensichtlich ungelernter Barkeeper-Manier die Drinks ein. Das war, vor allem für uns, immer sehr lustig!

Die WG auf dem Southside

Im Sommer wurden wir zum Southside-Festival eingeladen. Für die Fahrt haben wir uns etwas Originelles einfallen lassen und kurzerhand einen Oldtimer-Omnibus gebucht. Zusätzlich reiste die Band „Smile and Burn“ aus Berlin mit und machte durch zwei legendäre, spontane Auftritte auf zwei Raststätten – die Ausraststätten! Coole Sache! Als wir aber nach nicht einmal dreißig Minuten zum ersten Mal im stockenden Verkehr standen, bekamen wir die Nachteile dieser automobilen Zeitreise in die 50er zu spüren. Durch das Panorama-Glasdach kam es zu einem krassen Treibhauseffekt. Da führte der Fahrtwind, den wir bei einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 80km/h nicht sehr oft zu spüren bekamen, zu regelrechter Euphorie! Mit den Drinks und diversen Pinkelpausen, nach denen der ein oder andere dem Bus hinterher rennen durfte, kamen wir doch irgendwann auf dem Southside an.

Das letzte Campfire

Die Jägermeister-WG wurde im zweiten Jahr ihrem Ruf als Party-WG gerecht. Die letzte Campfire-Runde war ein besonderes Highlight. Eine offene Jam-Session sollte die Konzertreihe gebührend verabschieden. Auch wir Mitbewohner durften dieses Mal mitmischen. Mario an den Drums und Simon an der Gitarre waren natürlich Profis und es war ein wahrer Genuss zuzuhören. Gegen Ende des Abends trauten auch wir zwei weiblichen Mitbewohnerinnen auf die Bühne, natürlich ohne zu wissen, dass das Konzert mitgeschnitten wird, sonst wäre das nie passiert! Am Ende wurde uns mitgeteilt, dass das Tonband sehr amüsant, aber nicht zur Veröffentlichung geeignet sei. Leider sind nur 2/4 der Mitbewohner mit gesanglichem Talent gesegnet. Ein Heidenspaß war es dennoch!

Der Abschied

Den Luxus, mitten in Stuttgart in einer zweistöckigen Wohnung kostenlos leben zu können, hat nicht jeder. Das wussten wir. Wir wussten auch, dass sich über Tausend andere Studenten für einen Platz in der WG beworben hatten. Und natürlich wussten wir, dass wir uns auf ein Marketing-Projekt einer großen Firma eingelassen hatten. Wir alle hatten unsere Zweifel und Bedenken, was uns in dem Jahr erwarten wird. Am Ende stehen wir nun da und können stolz auf ein Jahr voller aufregender Projekte zurückblicken. Das Wort „aufregend“ beinhaltet nicht nur die Momente, in denen wir von sechzig netten Leuten und einer tollen Band im Wohnzimmer umgeben waren, sondern auch jene Momente, in denen wir am nächsten Morgen verkatert den Wischmop schwingen mussten. Alles hat dazu gehört, bei uns vielleicht etwas extremer als bei anderen WGs. Wir wissen am Ende nur eines: Wenn man sich eine Woche vor Auszug mit seinen WG-Mitbewohnern bei "Stay with me" von Sam Smith in den Armen liegt und mitgrölt, merkt man, was das Projekt mit uns als Menschen gemacht hat. Und wir vier sind wirklich Freunde geworden.

JägerCampus-Closing: Freitag 29.9, ab 19 Uhr, Transit und Corso Bar.