Was im Club passiert, bleibt im Club – von wegen! Bei unseren Gute-Nacht-Geschichten wird ausgeplaudert, was das Zeug hält. Stuttgarter DJs, Barkeeper und Türsteher bekommen absolute Sprecherlaubnis und hauen uns die derbsten Nightlife-Storys um die Ohren. Na, dann gut’s Nächtle! Dieses Mal: Gila Albracht.

Stuttgart - Wir haben sie schon oft in Stuttgarts Clubs getroffen. Wir haben sie schon oft mit und ohne ihre Katzenmaske tanzen sehen. Und stets ist sie uns aufgefallen, wenn sie unter einen unserer Stadtkind-Artikel eine Anekdote aus ihrem Nachtleben geschrieben hat. Wir wollten wissen: Wer ist diese Frau, die mit 54 Jahren noch so oft die Hüften schwingt? Wir haben Gila Albracht im Café Holzapfel im Fluxus getroffen und ihr zugehört, wie sie ganz aufgeweckt von sich erzählt hat. Man hat ihr den Titel „Katze des Nachtlebens“, verliehen, wie sie sagt. Tagsüber engagiere sie sich für das Übermorgen Magazin. Sie liebt Kunst in jeder Form und nachts tanzt sie in den Clubs - mal im Freund und Kupferstecher, mal im Romantica, mal im Keller Klub … „Mir ist wichtig, dass die Musik qualitativ hochwertig ist“, sagt sie. Gila begleitet gerne die Szene und verteilt manchmal ein paar Ratschläge oder schwelgt in Erinnerungen. Für uns packt sie Folgende aus:

 

Komplimente in der Nacht

Das Alter ist für mich relativ. Es gibt 20-jährige Spießer, geistig junge 80-Jährige. Ich tanze einfach gerne, deswegen gehe ich in die Clubs - um Stress abzubauen oder um einfach Spaß zu haben. Die Reaktionen sind eher positiv. Ich gebe den Leuten Hoffnung, auch in gesetzterem Alter noch clubtechnisch unterwegs sein zu können. Nur wenige schauen mich komisch an, wegen meines Alters oder wegen meines Outfits - viele trauen sich aber auch gar nicht, etwas zu sagen. Manchmal, und das ist dann besonders schön, kommen tolle Komplimente. So sagte mir mal einer, „du hast wirklich schöne Zähne!“ Und ein anderer meinte: „Wo du bist, ist Liebe!“

Panjabi MC im Club

Im Rahmen der indischen Filmtage 2014 war Panjabi MC im Pure. Dort ist es mir persönlich eigentlich zu schick, aber wenn er schon mal da ist, wollte ich ihn sehen. Bei der Gelegenheit bin ich folglich hingegangen und der Laden war voller Filmemacher und Künstler, mit denen ich bis 3.30 Uhr tanzte - dann gingen die nach Hause. Ich hatte das ebenfalls vor, da hat mich aber das Personal quasi schon in den VIP-Bereich genötigt. Und dort war Panjabi! Es floss Champagner, ich hatte gute Gespräche mit interessanten Leuten und dann auch endlich mit einem meiner Idole. Panjabi und ich sprachen über Yoga und indische Weisheiten… Die Nacht war lang!

Der Männer-Trick

Einer der subversivsten Clubs war damals in Stuttgart in den 90ern das "Unbekannte Tier". Total verratzt und heruntergekommen haben dort die wildesten, regulären Electropartys stattgefunden. Besonders in Erinnerung ist mir dabei eine Pulp-Fiction-Party mit einem Mädel in supersexy Schwesterndress und Spritze in der Brust geblieben. Eine andere erhielt von mir den Tipp, wie man Männer los wird, die ein "Nein, danke" nicht verstehen. Auf dem Klo erzählte ich ihr dann, dass sie einfach sagen müsste: "Schatz, ich komm gerne mit, wenn es dich nicht stört, dass ich gerade erst umgebaut wurde.“ Da hat man seine Ruhe, denn die Homophobie schlägt zu. Was ich eigentlich immer noch sehr schade finde, denn es sollte keine Rolle spielen, wer sich als was definiert.  

Die Dealer

Ich muss schon zugeben, ich war schon immer von DJs fasziniert; wie sollte ich tanzen ohne meine "Dealer"? Musik ist meine Droge. Ohne Empathie und das nötige Feingefühl legt meiner Meinung nach keiner gut auf. In den 80ern war es mein Ex-Gatte, in den 70ern mein Bruder.  Durch Zufall habe ich einen beeindruckenden DJ mal außerhalb des Clubs getroffen: Bei der Filmpremiere zu "Wo tanzen wir morgen“ - eine Dokumentation über das Stuttgarter Nachtleben, habe ich im Film einen überaus sympathischen DJ gesehen, der ohne auf Äußerlichkeiten zu achten über seine Liebe zur Musik berichtete, die ihn antreibt. Konstantin Sibold war es, den ich dann nach dem Film am Eingang plötzlich entdeckt hatte. Und ja, ich musste ihn dann einfach ansprechen und ein Lob äußern - der Beginn einer schönen Freundschaft!  

Go-Go-Girl im Club

Die Bar Romantica ist für mich ein toller Laden in Stuttgart! Einmal war ich jedoch ein wenig knapp bei Kasse. Die Leute von der Romantica ließen mich als Stammgast dennoch rein. Ich hatte mich darüber so sehr gefreut, dass ich mich revanchieren wollte! So nahm ich ein paar leere Gläser und Flaschen, die besitzerlos rumstanden und brachte sie zurück an die Bar. Anschließend animierte ich die Leute zum Tanzen - was ich auch sonst gerne pflege. Einige der Besucher dachten dann aber wohl, ich sei ein angestelltes Go-Go-Girl und wir spielen Studio 54…  

Sträuße für die Nacht

Wenn ich abends losziehe -  und ich finde, man kann auch mal vor 1.30 Uhr in den Club - habe ich immer etwas dabei, das ich gerne verschenke. Oft sind es zum Beispiel Radieschensträuße oder Topinambur. Radieschen sind scharf und das macht glücklich. So brachte ich auch einmal so einen Strauß zu einem Event, wo Ali vom DJ-Duo Tiefschwarz auflegte. Er konnte es dann gar nicht fassen, dass der ganze Strauß für ihn ist.  

Der Tröster im Climax

Vor 20 Jahren ging es im Climax richtig wild zu. Dort habe ich zum Beispiel mal eine Transe getroffen, die auf der Damentoilette den Seelentröster spielte und in ihren High Heels super wild tanzte. Dann gab es dort auch mal die Partyreihe „Perfect Lovers", wo man Kondome am Eingang geschenkt bekam. Das waren noch Zeiten!

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