Trotz tiefer Einblicke verliert Joe Ehrhardt nie den Durchblick – als Leiter der Videoregie im Festzelt zum Wasenwirt hat er ein Auge auf alles, was im beliebten Bierzelt so passiert. Für unsere Gute-Nacht-Geschichten plaudert er aus dem Nähkästchen. 

Stuttgart - Auch dieses Jahr wurde auf dem Cannstatter Wasen wieder laut und feuchtfröhlich gefeiert. Das Festzelt zum Wasenwirt steht seit Jahren dank der vielen mit Freibier und guter Partymusik angelockten Studenten wie kaum ein anderes Zelt für die Stuttgarter Party- und Nightlife-Szene. Ob auf Radiopartys oder der Gaydelight, der schwullesbischen Volksparty – das Bier fließt hier immer ordentlich.

 

Joe Ehrhardt hat als Leiter der Video-Regie im Partyzelt einen Blick über alles, was im Laufe des Abends so passiert. Für diesen Job unterbricht der Musikmanager, der einen eigenen Musikverlag hat, zweimal im Jahr seinen eigentlichen Beruf. Seit neun Jahren ist Joe der Mann, der für visuelles Entertainment auf der großen Leinwand im Wasenwirt zuständig ist und kriegt mit seinen fünf Kameras so viel mit, wie sonst keiner im Zelt.

Das konnten wir uns nicht entgehen lassen und haben "Big Brother" in seinem Regie-Kämmerchen besucht.

Love is in the air

Ich bin selbst immer verblüfft, wie entspannt die Leute bei uns feiern. Das Wasenwirt-TV, für das ich zuständig bin, ist ein wichtiger Teil der Show. Die Besucher fahren total darauf ab, wenn ich sie auf der Leinwand zeige. Da fliegt schon mal der eine oder andere vor Staunen von der Bank runter. Einmal hatte ich ein romantisches Pärchen oben auf der Empore beobachtet, wie diese versucht haben sich näherzukommen. Die Beiden haben es überhaupt nicht mitgekriegt, dass ein Spotlicht auf sie gerichtet war und sie die ganze Zeit auf der Leinwand gezeigt wurden. Als es dann letztendlich zum Kuss kam, haben alle Besucher so krass angefangen zu jubeln, dass die beiden es dann auch mitbekommen haben. Das war echt schön anzuschauen. Heiratsanträge werden hier auch sehr oft gemacht. Vor kurzem haben sich zwei Mitarbeiter, die sich hier bei der Arbeit kennengelernt haben bei uns auf der Bühne verlobt und wurden von allen Gästen und dem ganzen Personal so herzlich gefeiert.

Hände weg

Die Kehrseite dieser Romantik sind die Grabscher, die es leider auch ab und zu im Zelt gibt. Die Mädels sind so hübsch gekleidet und die Typen sind einfach zu betrunken und verhalten sich manchmal nicht anständig. Das Personal weißt uns dann darauf hin, wenn ihnen etwas auffällt und ich beobachte die Lage mit den Kameras. Wenn ich dann tatsächlich jemanden beim Belästigen beobachte, hat es immer Konsequenzen. Vor kurzem haben wir einen erwischt, der schon polizeilich geführt wurde. Das lohnt sich also immer dem nachzugehen. Wir wollen unseren Gästen ja gute Stimmung garantieren.

Mörder-Stimmung

Letztes Jahr war die Wasenzeit für mich leider nicht so friedlich wie sonst. Ein ehemaliger Künstler, der bei mir unter Vertrag stand, hat bei seinem Konzert eine Morddrohung gegen mich gerichtet: "Geht jemand noch zum Wasen? Ja? Sehr gut, mein Ex-Manager arbeitet da. Vielleicht will ihn jemand umnieten. Ich zahle gut." Da man natürlich nie weiß, ob nicht ein Fanatiker doch auf die Idee kommen könnte so etwas in die Tat umzusetzen, war ich durchgehend auf dem Wasen von Securitys umgeben. Das war eine sehr dumme Aktion, von der auch viel in den Medien berichtet wurde und die sehr viel Angst bereitet hat. Auf die Sicherheit wird heute allgemein sehr geachtet, das kriegt man ja bei den strengen Taschenkontrollen bei uns am Eingang schon mit. Die Leute haben einfach in der letzten Zeit mehr Angst bekommen bei Massenveranstaltungen zu sein. Eine traurige Entwicklung, aber wir geben alles, um den Gästen entspanntes Feiern zu ermöglichen.