Viel adliger Glanz fällt nicht auf Württemberg, aber zumindest ein bisschen: In Neipperg zum Beispiel. Dort gibt’s nun einen neuen Erbgraf, der das Weingut übernommen hat und zum Start eine ganz besondere Cuvée auf den Markt bring, wie unser Kolumnist findet.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Was der britischen Monarchie noch bevorsteht, ist in Schwaigern, am Sitz des legendären Weinguts Graf Neipperg, bereits vor knapp zwei Jahren geschehen. Im September 2020 ist Josef Hubert Graf von Neipperg im zarten Alter von 102 Jahren gestorben. In der Folge entfiel bei seinem gerade mal 69-jährigen Sohn Karl Eugen (einem von acht Kindern übrigens) der Zusatz „Erbgraf“. Diesen Titel trägt nun Karl Eugens Sohn Philipp. Erst 43 Lenze zählt der vermeintliche Jungspund, doch Lebenserfahrung hat er schon reichlich gesammelt, bevor er in einen der traditionsreichsten Weinbaubetriebe Württembergs eingestiegen ist.

 

Der Sanierer muss nichts sanieren

Nach einem Betriebswirtschaftsstudium in Bayreuth und St. Gallen war er selbstständig als Interimsmanager bei Unternehmenssanierungen tätig. Gelebt hat er mit seiner Frau Paula, einer Kunsthistorikerin, in München und am Starnberger See, ehe das Paar samt seiner vier Kinder vor zweieinhalb Jahren in die Stammburg nach Schwaigern zurückgekehrt ist. Nun führt Erbgraf Philipp das Familien-Weingut in Schwaigern. Größeren Sanierungsbedarf wird er dort nicht erkennen, zu erfolgreich steht der VDP-Betrieb nach wie vor da. Trotzdem wollte auch der Juniorchef eine Duftmarke setzen und hat dafür, ungewöhnlich genug, das Einstiegssegment auserkoren.

Die echte Qualität zeigt sich an der Basis

„Natürlich mag ich unsere Großen Gewächse“, sagt Philipp von Neipperg, „aber die wahre Qualität eines Betriebs zeigt sich in der Basis.“ Also hat der Erbgraf drei neue Cuvées kreieren lassen, in jeder Weinfarbe eine, und diese mit den Initialen P.+P. versehen (für Paula und Philipp). Besonders mutig ist die Zusammenstellung der weißen Variante. In ihr treffen drei Bukettsorten aufeinander, die mit ihren blumigen Noten in sehr unterschiedliche Geschmacksrichtungen ziehen können: Sauvignon blanc, Muskateller und Rivaner. Doch das Experiment ist gelungen: 6,2 Gramm Säure pro Liter halten die Aromen, die von grünem Paprika bis zum Rosenduft reichen, zusammen. Mehr noch: Im Gaumen entsteht ein lebhaftes Miteinander unter den drei Solisten, die nie ausbüxen, was sicher auch an den vergleichsweise bescheidenen 5,2 Gramm Restzucker liegen dürfte. Fazit: Wenn der neue Graf Neipperg so schmeckt, darf die Zukunft kommen.

Das Urteil der Weinrunde

Harald Beck Die Kombination verblüfft zunächst. Aber die Cuvée entschädigt letztlich mit vollen Aromen. Eine durchaus interessante Idee.

Kathrin Haasis Diese barocke Cuvée ist für ein Erbgrafenpaar wohl sehr passend. Für meinen bürgerlichen Gaumen ist die Mischung etwas zu exaltiert.

Michael Weier Blumig und frisch ist dieser Wein, die Säure bändigt den Reichtum an Aromen. Die Balance zwischen Paula und Philipp stimmt – perfekt für die Terrasse.

Der Service

2021er P+P weiß, 7,20 Euro, Weingut Graf Neipperg, Schwaigern, Telefon 071 38 / 94 14 00, www.graf-neipperg.de