Am Freitag berät der Bundesrat über die Erbschaftsteuer. Alles läuft auf ein Vermittlungsverfahren hinaus. Der baden-württembergische Ministerpräsident soll die Grünen in den Ländern zusammenführen.

Berlin - Unter den Ländern wird eifrig verhandelt. Es gilt, eine Blamage im Bundesrat abzuwenden. Wenn die Länderkammer am kommenden Freitag zu ihrer letzten Sitzung vor den Sommerferien zusammenkommt, steht die geplante Erbschaftsteuerreform auf der Tagesordnung. Klar ist, dass der Gesetzentwurf der großen Koalition im Bundesrat auf Widerstand stößt. Weil die Machtverhältnisse in der Ländervertretung kompliziert sind und kein politischer Block eine Mehrheit hat, bemühen sich eine Reihe von Ländern, genügend Stimmen für die Anrufung des Vermittlungsausschusses zusammenzubekommen. Dies gilt in Berlin als die wahrscheinlichste Entscheidung.

 

Theoretisch ist aber auch denkbar, dass der Bundesrat den Gesetzentwurf einfach nur ablehnt und kein Vermittlungsverfahren in Gang setzt. Das würde die Rechtsunsicherheit für Familienunternehmen noch weiter erhöhen, denn das Verfassungsgericht gab dem Gesetzgeber bis 30. Juni 2016 Zeit, um eine Neuregelung zu beschließen. An einem Scheitern des Gesetzes könne niemand Interesse haben, sagt der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er fragt sich ohnehin, wie das Verfassungsgericht damit umgeht, dass die Frist bereits überschritten ist und sich die Hängepartie noch hinzieht. Dies könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass überhaupt keine Erbschaftsteuer mehr gezahlt werden müsste. „Das würde zu gigantischen Steuerausfällen führen“, sagt Kretschmann. Er pocht daher auf schnelle Verfahren.

Bundesregierung könnte Vermittlungsausschuss anrufen

Selbst im unwahrscheinlichen Fall einer Totalblockade im Bundesrat könnten noch immer die Bundesregierung und der Bundestag den Vermittlungsausschuss anrufen. Dies wäre aber zugleich das Signal, dass die Fronten völlig verhärtet sind.

Diskussionen gibt es in jedem Fall noch. Die Länder debattieren noch darüber, mit welchem Auftrag der Vermittlungsausschuss angerufen wird. Die Finanzminister der Länder beschlossen eine Liste mit acht Änderungen, die im Vermittlungsverfahren durchgesetzt werden sollen. Die Korrekturwünsche laufen allesamt auf Verschärfungen hinaus. Für Firmenerben würde dies zu höheren Belastungen gegenüber dem bisherigen Gesetzentwurf bedeuten. Darunter befinden sich schmerzliche Punkte für die Wirtschaft. Die Finanzminister der Bundesländer wollen das Angebot der großen Koalition zurücknehmen, dass Firmenerben eine zinslose Stundung bis zu zehn Jahren beantragen können. Auch die unternehmensfreundlicheren Bewertungsregeln, die von der großen Koalition ausgehandelt worden sind, fallen bei den Ländern durch. Außerdem möchten die Länder das Abschmelzmodell für große Familienunternehmen, das eine Alternative zur Bedürfnisprüfung bieten soll, unattraktiver gestalten. Das wären bittere Pillen für die Wirtschaft.

Bayern wird Verschärfungen nicht mittragen

Ihre Wünsche können die Länder aber nur durchsetzen, wenn der Bund zustimmt. Die Unionsfraktion im Bund und Bayern werden weitreichende Verschärfungen kaum mittragen. Auch deshalb wird über einen milderen Antrag zur Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses diskutiert. Dieser Antrag lässt offen, was korrigiert werden soll.

Auf Ministerpräsident Kretschmann kommt dabei eine besondere Rolle zu. Er ist als Regierungschef der einzige Grünen-Politiker, der für die Länder im Vermittlungsausschuss sitzt. Ihm fällt somit die Rolle zu, die zehn Landesregierungen mit Beteiligung der Grünen zu koordinieren. Ohne die Grünen geht bei der Erbschaftsteuer nichts. In der Steuerpolitik kommt es damit auf Kretschmann an. Auf ihn setzt die Wirtschaft. Er weist seine Partei immer darauf hin, dass bei der Erbschaftsteuer Betriebe anders behandelt werden müssten als Privatvermögen. „Für einen Betrieb ist eine Erbschaftsteuer generell eine Substanzsteuer“, meint er. Er will sich für Familienunternehmen einsetzen.

Über das komplizierte Erbschaftsteuerrecht werden sich nicht allein die Ministerpräsidenten beugen, es wird auch Arbeitsgruppen mit den Finanzpolitikern geben. Die sollen sich um die Detailarbeit kümmern. In der parlamentarischen Sommerpause wird nicht viel passieren. Entscheidungen verzögern sich wohl bis Herbst.