Es gibt Pläne, dass das Hallenbad in Stuttgart-Plieningen nicht mehr für die Öffentlichkeit öffnet. Was sagen die Badegäste dazu? Und besteht noch die Möglichkeit, das Ganze aufzuhalten?

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Plieningen - Kann selbst freitags bald nicht mehr in Plieningen geschwommen werden? Das Hallenbad im Wolfer hat seit längerer Zeit nur noch an einem Tag pro Woche für die Öffentlichkeit auf. Nun gibt es die Überlegung, ob auch freitags in Plieningen nur noch Vereine und Schulklassen in das 25-Meter-Becken springen dürfen. Dahinter steckt eine Bedarfsanalyse einer Hamburger Beratungsfirma. Diese Analyse zeigt, dass die Individualgäste in den Hallenbädern seit längerer Zeit weniger werden. In Plieningen waren es 2013 noch 6317 Badegäste, 2017 waren es nur noch 3839. Zugleich haben Vereine und Schulen einen hohen Bedarf. Ihnen reichen die bisher für sie reservierten Zeiten in den Bädern nicht aus. Deshalb gibt es Pläne, dass die Bäder in Plieningen und Bad Cannstatt ausschließlich für Vereine und Schulklassen reserviert werden sollen – und auch die Öffnungszeiten in allen anderen Bädern reduziert werden.

 

Christian Günther fände das schlimm. Der 51-Jährige aus dem Steckfeld geht seit Jahren jeden Freitag vor der Arbeit ins Plieninger Hallenbad. Weil er meist mit einigen anderen passionierten Schwimmern schon wenige Minuten vor der Öffnung vor dem Hallenbad steht und sich dabei mit den anderen unterhält, hat er schon vor mehreren Monaten von den Gerüchten gehört, dass das Plieninger Bad künftig nicht mehr für die Öffentlichkeit aufmachen könnte. „Wir Hobbyschwimmer und auch viele ältere, gehbehinderte Mitschwimmer sind darüber empört, entsetzt, zornig und vor allem traurig“, sagt er. „Wir würden das wahnsinnig bedauern.“

Im Bad treffen sich Familien, Studenten und ältere Menschen

Ganz ähnlich äußern sich am Freitag auch zwei Hohenheimer Studenten. „Die Schließung für die Öffentlichkeit wäre sehr schade. Das Bad ist ein echter Treffpunkt: Dort treffen Familien, ältere Menschen und Studenten aufeinander“, sagt Marius Bunner (25). Er kommt seit rund drei Jahren fast jeden Freitag, meist mit vier oder fünf Kommilitonen, die auch Agrarwissenschaften in Hohenheim studieren. „Wenn wir nicht mehr in Plieningen schwimmen können, müssten wir ins Gartenhallenbad nach Filderstadt oder ins Hallenbad nach Sonnenberg ausweichen. Das wäre für uns ungeschickt.“ Zudem betonen die Badegäste, dass sie aus gutem Grund nach Plieningen gehen – nämlich weil man dort noch richtig schwimmen kann. „In Sonnenberg ist es immer wahnsinnig voll, da hat man es als Sportschwimmer schwer“, sagt Christian Günther. Zwei Hobbyschwimmerinnen aus Möhringen bekräftigen: „In Sonnenberg kann man baden, ja. Aber schwimmen ist dort kaum möglich, dazu ist es viel zu voll“, sagt Ulrike Tschachotin (73). Sie kommt seit etwa zwei Jahren freitags mit ihrer Freundin Dorothea Tiedemann (66) ins Plieninger Bad. Für die beiden Möhringerinnen wäre das Sonnenberger Bad in etwa genauso nah – aber da wollen sie schlicht nicht hin. „Zusätzlich zu der Tatsache, dass es dort viel zu voll ist, kann man in Plieningen auch viel besser parken. Und wir mögen die Wassergymnastik und das nette Personal in Plieningen.“

„Hochgradig enttäuscht“, wenn das Bad für Individualgäste schließt

Die beiden Frauen betonen, dass sie „hochgradig enttäuscht“ wären, wenn das Plieninger Bad für Individualgäste schließt. Sie berichten auch, dass die mögliche Schließung für Individualbesucher seit Jahren ein Thema unter den Gästen sei, am vergangenen Freitag jedoch intensiver denn je diskutiert wurde: „Sogar während dem Schwimmen habe ich gehört, wie die Leute ihre Befürchtungen geäußert haben“, sagt Dorothea Tiedemann.

Am Donnerstagabend erzeugte der Bäderentwicklungsplan auch unter zahlreichen Kommunalpolitikern Protest. Bei einer gemeinsamen Sitzung aller Bezirksbeiräte wurden die Pläne unter anderem als „eine kalte Dusche für alle Badegäste“ bezeichnet. Thomas Ruhland von der DLRG erläuterte unterdessen, dass die geplante Neubelegung dazu dienen solle, die Schwimmfähigkeit der Schüler zu verbessern – und um die sei es schlecht bestellt. Schulen und Vereine bräuchten deshalb mehr Zeit in den Schwimmbecken.

Schulen und Vereine sollen profitieren

So erläuterte es auch der Geschäftsführer der Bäderbetriebe, Alexander Albrand. Im Gegensatz zu Privatleuten seien Schulen und Vereine nun mal auf die Hallenbäder angewiesen. Profiteur der Neuausrichtung wäre neben den Schulen die Arbeitsgemeinschaft der Schwimmsport betreibenden Vereine Stuttgarts (AGS) mit 37 Vereinen und 20 000 Mitgliedern. Bisher können die Vereine 1800 Kurse anbieten, mit dem neuen Konzept wären es 2700.

Unterdessen verlangt die CDU-Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat, dass der Bäderentwicklungsplan unbedingt auch im Sportausschuss behandelt werden soll, „um eine umfängliche Beratung dieses wichtigen Themas mit allen wichtigen Akteuren sicherzustellen“. So steht es in einem Antrag von Freitag. Bisher war geplant, dass zunächst die einzelnen Bezirksbeiräte über die geplanten neuen Öffnungszeiten abstimmen. Anschließend sollte der Gemeinderat am 29. März eine Entscheidung treffen.